Biblis. Ein Haus unbewohnbar, eine Gartenmauer eingestürzt, Risse in mehreren Wänden: Am Montagabend musste ein älteres Ehepaar sein Zuhause in der Bibliser Sebastianusstraße kurzerhand verlassen, weil das Technische Hilfswerk (THW) das Gebäude als einsturzgefährdet einstufte. Grund dafür sind mutmaßlich die Arbeiten der Deutschen Bahn an der Lärmschutzwand direkt dahinter. Per Vibration wurden dort Stahlstreben metertief in den Boden gerammt.
„An dem Haus drohte die Rückwand einzustürzen“, informiert Ralf Becker von der Bibliser Feuerwehr. Die Mauer habe sich wie ein S gebogen – der untere Teil nach innen, der obere Teil nach außen in Richtung Gleise. Direkt daneben geriet auch ein Carport in Bewegung: Die unverputzte Mauer drohte; auf die Gleise zu kippen. „Die Dachkonstruktion geriet ins Wanken, weil den Balken die Auflage auf der Mauer fehlte“, so Becker. Zudem stürzte rechts vom beschädigten Wohnhaus die Gartenmauer ein. Die Bahn habe die Steine kurzerhand weggeräumt und auf Bitten der Familie, die kleine Kinder hat, eine Absperrung aufgestellt.
Gegen 19 Uhr rückte die Feuerwehr mit Kollegen des THW aus Lampertheim an, um die Wände zu stabilisieren. „Das Wohnhaus musste aufgrund einer schriftlichen Anordnung eines Gutachters so schnell wie möglich geräumt werden. Es bestand die Gefahr, dass sich durch weitere Bauarbeiten weitere Erdmassen bewegen und die Gebäude einstürzen“, so Becker weiter. Das THW habe glücklicherweise Experten in Sachen Gebäudesicherung in Lampertheim und gleich weitere Maßnahmen zum Stützen geplant.
Laut Bürgermeister Volker Scheib konnte das Ehepaar noch persönliche Sachen herausholen, ehe es die Nacht im nahe gelegenen Hotel Lindenhof verbrachte. Scheib hatte den beiden Personen zunächst eine Wohnung der Gemeinde angeboten. Er stehe mit der Familie in engem Kontakt, um zu überlegen, wie es weitergeht. Am Dienstagmorgen gab es zudem eine erste Krisensitzung mit Vertretern der Deutschen Bahn. „Ein Gutachter kümmert sich um die Bestandsaufnahme, es gibt auch Gespräche mit der Versicherung“, sagt Scheib auf Anfrage der Redaktion.
Scheib spricht von einer hochdramatischen Situation
Ein Notfallmanager der Bahn war laut Feuerwehrsprecher Becker schon am Montagabend vor Ort, als das Wohnhaus abgestützt wurde. Der Einsatz von Feuerwehr und THW zog sich bis um 1 Uhr in der Nacht hin. Die Helfer brachten Holzbalken und Bretter an den Hauswänden an, um diese zu stützen. Teilweise wurden auch die neuen Streben der Lärmschutzwand als Stütze genutzt. Am Wohnhaus stellte das THW vier Wasserbehälter als Gegengewicht auf, die die Feuerwehr mit rund 800 Litern füllte. Während dieser Arbeiten war die Zufahrtsstraße für den Verkehr mehrere Stunden lang gesperrt. Mitglieder des Deutschen Roten Kreuzes übernahmen die Verpflegung und Versorgung der Einsatzkräfte.
Bereits vor mehreren Wochen haben Anwohner entlang der Bahngleise laut Bürgermeister Scheib Risse im Mauerwerk entdeckt. Dass sich Hauswände neigen, wurde aber erst am Montag mit Schrecken festgestellt. Scheib berichtet von einer „hoch dramatischen Situation“, die zu großem Stress für die Betroffenen geführt habe. Deshalb sei es wichtig, dass die Bewohner gut untergebracht werden. Glücklicherweise habe ihnen die Familie gleich unterstützend zur Seite gestanden.
Zuvor ist laut Scheib bereits eine Gartenmauer eingestürzt. „Ich bin kein Bausachverständiger, aber klar ist, dass die Pfahlgründungen für die Schallschutzwände unmittelbar dahinter stattfinden“, so der Rathauschef. Tragisch daran ist auch, dass die Gemeinde seit Jahrzehnten um Schutz vor dem Bahnlärm an den Bahngleisen kämpft und nun erleichtert war, dass die Wände im Zuge der Riedbahnsanierung realisiert werden.
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