Seuche

Was der Schweinepest-Fall in Biblis auslöst

„Es war deutlich, dass es gelitten hat", sagt Dirk Müller, der das infizierte Schwein in Biblis gefunden hat. Verschärft wurden nun die Regeln für Veranstaltungen außerhalb - das betrifft das Open-Air-Kino der Filminsel

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Corinna Busalt
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Wildschweine sollen möglichst nicht aufgeschreckt werden. Deshalb ist die Jagd verboten. Auch laute Veranstaltungen außerhalb der Ortschaften sind nicht erlaubt. © dpa

Biblis. „Eigentlich war es nur eine Frage der Zeit“, meint Dirk Müller. Geschockt sei er daher nicht gewesen, als er am Montag gegen 7 Uhr vor seiner Maschinenhalle außerhalb von Biblis ein Wildschwein im Kreis laufen sah. „Es war deutlich, dass es gelitten hat.“ Der Jagdpächter habe es erlöst. Dem Bibliser Ortslandwirt war direkt klar, dass es mit der Afrikanischen Schweinepest infiziert sein muss, was die erste Probe bestätigte. Weitere Einschränkungen für Landwirte muss Müller aber nicht fürchten. „Wir sind ja schon in Restriktionsstufe zwei“, sagt Matthias Schimpf, zuständiger Dezernent im Landratsamt. Verschärft wurden jedoch die Regeln für Veranstaltungen außerhalb der Ortschaften. Die Filminsel geht dennoch davon aus, kommende Woche das große Open-Air-Kino eröffnen zu können.

Eine neue Allgemeinverfügung hat der Kreis laut Schimpf nur herausgegeben, „weil das Seuchengeschehen so untypisch ist“. Anders als etwa in Sachsen „tauchen die Fälle bei uns an ganz unterschiedlichen Orten und in kurzen zeitlichen Abständen auf“, meint er mit Blick auf Hemsbach, Groß-Umstadt und Biblis. Dennoch seien die Vorschriften maßvoller als in anderen Landkreisen. Dafür sind ihm die Landwirte sehr dankbar. Denn die Ernte des Silomais’ steht kurz bevor.

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„Wenn kein Futter da ist, stehen die Milchviehbetriebe bis Januar leer“, prophezeit Dirk Müller. Bei Sebastian Glaser in Nordheim gibt’s noch Reserven: „Unsere Kühe müssen nicht verhungern.“ Er nutze zudem Silage aus Gras, allerdings reiche diese auf Dauer nicht aus, um den Tieren genug Energie zuzuführen. Zur Not müsse er Mais oder Kraftfutter zukaufen - oder tatsächlich die Anzahl der Kühe reduzieren. Wobei Glaser weiter auf Unterstützung aus Wiesbaden hofft. Als Kreislandwirt war er selbst in Gespräche mit dem Ministerium involviert. Dass der Kreis nun eine Ausnahmeregelung vom Ernteverbot erlässt, freut und erleichtert ihn. „Die Unterstützung vom Land wäre dennoch hilfreich.“

Maisernte nur nach intensiver Kontrolle mit Drohne möglich

„Wenn wir die Betriebe so stark reglementieren, müssen wir ihnen auch finanziell unter die Arme greifen“, fordert Sebastian Glaser. Denn für Schweinehalter könnte es nun noch schwieriger werden. Im direkten Umfeld denkt er dabei an Markus Bechtloff vom Johanneshof in Bürstadt mit rund 1300 Tieren und Siegbert Ochsenschläger in Wattenheim, wobei dieser nur 36 im Stall hat. Beim Großbetrieb gelten ohnehin strenge „Vorsichtsmaßnahmen wie in der Restriktionszone“, so Bechtloff. Die gesamte Fläche ist mit einem festen Zaun umschlossen, abends werden die Tore zugesperrt.

In Wattenheim hat Ochsenschläger den Zaun um den Auslauf seiner Schweine extra verstärkt und mit Schlössern gesichert. „Ich lasse halt keinen rein.“ Sonst zeige er den Kunden im Hofladen immer gerne, wie seine Tiere leben. Diese sehen lustig aus mit ihren verschiedenen Farben und schwarzen Punkten. Eine Sau, die mittlerweile 400 Kilogramm auf die Waage bringt, liegt Ochsenschläger besonders am Herzen. Vor drei Jahren hat er sie als Ferkel mit der Flasche aufgezogen: Dotty. „Die hat das natürlich nicht vergessen, sie spricht mit mir.“ Sie habe sogar einen Instagram-Account, sagt Ochsenschläger lachend. Nun muss Dotty im Auslauf bleiben und darf nicht bei den Hühnern spazieren gehen. „Wir hoffen das Beste, dass es nicht zu uns kommt.“

In Wattenheim leben 36 schwarz getupfte Schweine. © Ochsenschläger

Schon vor einigen Wochen hat Ochsenschläger, der sich auch als Jagdaufseher engagiert, beobachtet, wie Kadaverspürhunde in Wattenheim unterwegs waren. Dass die Jagd ruhen muss, sei für viele Jäger schwierig. Wildschäden gebe es ja weiterhin, gerade im Mais. Doch die Jäger dürften sie nicht dokumentieren. „Die finanziellen Folgen für die Landwirte sind unklar“, sagt Sebastian Glaser. Für die Maisernte immerhin gebe es gute Lösungsvorschläge. Hier kommen wieder Drohnen ins Spiel. „Die Geräte werden mit GPS-Daten gefüttert und fliegen das Feld rastermäßig in geringer Höhe ab. Dann kann der Pilot auf dem Bildschirm nach Auffälligkeiten schauen“, erklärt Kreisbeigeordneter Matthias Schimpf. Das bestätigt Georg Haas. Mit seinem Bruder Christian steuert er seit Wochen eine Drohne über die Felder.

Ausnahmegenehmigung fürs Open-Air-Kino beantragt

Fürs Open-Air-Kino in der Pfaffenau hat die Gemeinde Biblis beim Kreis nun eine Ausnahmegenehmigung beantragt. „Fußball wird ja auch gespielt dort“, sagt Birgit Gimbel von der Filminsel, „und was den Lärm betrifft: Die Arbeiten der Bahn daneben sind von der Lautstärke her nicht zu toppen.“ Sie klingt zuversichtlich, dass alles klappt.

Kreislandwirt Sebastian Glaser ist überzeugt, dass das Thema Schweinepest bleiben wird. „Ich hoffe, dass für nächstes Jahr eine bessere Vorplanung möglich ist.“ Und Dirk Müller appelliert an Hundehalter, ihre Tiere an der Leine zu lassen, damit sie kein Wild aufscheuchen. „Da hat sich ein richtiger Tourismus entwickelt: Die Leute kommen zu uns und lassen die Hunde querfeldein rennen - oft sogar neben dem Auto her.“

Redaktion Redakteurin des Südhessen Morgen und zuständig für die Ausgabe Bürstadt/Biblis

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