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Biblis: Mit der Drohne auf der Suche nach Wildschweinen

Wegen der Schweinepest sind bei den Landwirten in der Region besondere Maßnahmen gefragt. Deshalb suchen die Brüder Georg und Christian Haas aus Nordheim mit ihrer Drohne nach den Tieren - ob tot oder lebendig

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Corinna Busalt
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Wildschweine sollen wegen der Afrikanischen Schweinepest nicht aufgescheucht werden – weder von Hunden, Menschen noch von Mähdreschern. © dpa

Biblis. Die Tage sind lang und die Nächte kurz für Christian und Georg Haas: Gegen 4.30 Uhr starten sie ihre Drohne, um Getreidefelder in Biblis, Nordheim und Wattenheim abzufliegen, Bilder auszuwerten und alles zu dokumentieren. Erst danach können die Landwirte den Mähdrescher auf die Äcker lassen, um Weizen, Gerste oder Raps heimzuholen. „Es darf sich keine Rotte Wildschweine auf dem Acker rumtreiben, die von den großen Maschinen aufgeschreckt werden könnte“, erklärt Georg Haas die Maßnahme. Damit soll verhindert werden, dass sich die Afrikanische Schweinepest (ASP) weiter ausbreitet. Nachdem in Hessen 20 Wildschweine - und in Biebesheim sogar Hausschweine - positiv auf das Virus getestet wurden, wurde im Umkreis von zehn Kilometern eine Überwachungszone eingerichtet. Daher gelten auch in Biblis mit Ortsteilen sowie in Bobstadt, Hofheim und Groß-Rohrheim strenge Regeln.

Georg und Christian Haas leben in Nordheim und haben schon weit mehr als 100 Äcker in der ganzen Umgebung kontrolliert. © GEorg Haas

„Wir sind ja froh, überhaupt ernten zu können, dafür nehmen wir diesen zusätzlichen Aufwand natürlich in Kauf“, sagt Dirk Müller, Ortslandwirt von Biblis. In diesen Tagen muss er erst eine Sondergenehmigung beantragen, dann bittet er die Haas-Brüder aus Nordheim, mit der Drohne seine Getreidefelder abzusuchen. Der bürokratische Aufwand sei gar nicht mal das Schlimmste, viel gravierender fand Müller die Unsicherheit, ob die Mühlen überhaupt das Getreide aus der sogenannten Restriktionszone aufkaufen. Nicht dass er darauf sitzen bleibt - oder es auf den Felder verrotten lassen muss. Glücklicherweise habe sich nun herausgestellt, dass die Körner separat und länger gelagert werden könnten, bevor sie weiterverarbeitet werden - etwa zu Futtermittel für Hausschweine.

Mit zweitem Piloten unterwegs aufgrund der großen Nachfrage

Die Idee, die Bauern in dieser schwierigen Situation zu unterstützen, fassten Christian und Georg Haas quasi aus dem Stand. Die Brüder stammen selbst aus einem landwirtschaftlichen Betrieb in Viernheim und leben seit einigen Jahren in Nordheim. „Am Samstagabend haben wir entschieden, eine Drohne zu kaufen, am Sonntag haben wir sie abgeholt, am Montag angemeldet und die ersten Felder abgeflogen“, zählt Georg Haas auf. Den Führerschein dafür hat der 34-Jährige wie sein Bruder ebenfalls noch abgehakt. Weil die Anfragen im Sekundentakt hereinkamen und gar nicht allein zu schaffen waren, arbeiten sie nun mit Jonas Schilling aus Monsheim zusammen, der ebenfalls eine Drohne steuert. „Wir teilen uns das Gebiet sinnvoll auf, da jetzt alles schnell gehen muss“, sagt Haas. Die Erntezeit sei ja schon stressig für die Landwirte - aber jetzt gerade enorm belastend. In dieser Situation helfen zu können, freut ihn. Die Dokumentation der Drohnenflüge erledigt Georg Haas parallel zu seiner Arbeit als Softwareberater im Agrarsektor. „Es muss so vieles vor- und nachbereitet werden, dass ich nicht vor 23 Uhr ins Bett komme.“ Gegen 5 Uhr stehe er schon wieder auf, um überhaupt alles zu schaffen. „Den Schlaf hole ich nach der Ernte nach“, meint der 34-Jährige lachend. Sein 20 Jahre alter Bruder sei genauso viele Stunden täglich, sofern es nicht regnet, in den Feldern unterwegs.

ASP fast immer tödlich

Kampf gegen Schweinepest ist aufwendig und langwierig

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Christine Schultze und Nicole Schippers
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Früh morgens und spät abends ist im Sommer die beste Zeit zum Fliegen - wegen der Wärmebildkamera. „Wenn sich der Boden zu stark aufheizt, erkennt man nichts mehr.“ Bis 23 Grad funktioniere alles. Tagsüber steuert Christian Haas die Drohne tiefer und langsamer über die Flächen. Bisher hat er übrigens noch keine einzige Rotte aufgespürt - und auch kein totes Wildschwein im Getreide entdeckt. Darauf muss natürlich auch der Mähdrescherfahrer achten. Wobei Georg Haas glaubt, dass sich die Rotten lieber im hohen Mais oder kühleren Wald aufhalten. Was den Landwirten entgegen kommt, damit sie gleich nach dem Kontrollflug mit der Ernte beginnen können.

„Wäre nicht fair, jetzt die Hand aufzuhalten“

„Bei uns hat das sehr gut geklappt“, sagt Dirk Müller dankbar über die Zusammenarbeit mit den Drohnen-Piloten. „Sie haben sich sehr gut darauf eingestellt und kamen auch mit einem großen Monitor, so dass man alles gut erkennen konnte.“ Auch Georg Haas freut sich über das gute Verhältnis. „Der Zuspruch ist supergut, trotz der schwierigen Lage gerade.“ Verdienen wolle er an der Not der Bauern aber nicht. Zwar stelle er eine Rechnung, um mit den Einnahmen die Kosten für die Drohne und die Arbeitszeit decken zu können. Reich werde er damit aber nicht. „Das wäre nicht fair, jetzt die Hand aufzuhalten“, sagt der 34-Jährige, der mit seinem Bruder selbst den elterlichen Betrieb im Nebenerwerb weiterführt.

Mit dem Stellen der Anträge, dem Abfliegen und nachher dem Dreschen der Felder ist es für die Bauern übrigens nicht getan. „Wir müssen die Dokumentation inklusive der GPS-Daten drei Jahre lang aufheben.“ Im schlimmsten Fall drohen den Landwirten 30 000 Euro Strafe. Und auch wenn - zumindest bisher - alles glimpflich ablief, gesteht Müller: „Man hält jeden Tag die Luft an, weil wir nicht wissen, wie sich die Lage entwickelt.“

Strenge Regeln in der Überwachungszone

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine fast immer tödlich verlaufende Viruserkrankung, die ausschließlich Haus- und Wildschweine befällt. Der erste Fall trat in Hessen am 15. Juni auf. Inzwischen wurden laut dem Regierungspräsidium (RP) Darmstadt auf hessischer Seite 20 tote Wildschweine positiv auf das ASP-Virus getestet, in Rheinland-Pfalz waren es zwei Kadaver, zudem gibt es zwei Verdachtsfälle.

Online gibt es unter landwirtschaft.hessen.de/asp viele Informationen zum Thema sowie eine interaktive Karte, in der die aktuelle Restriktionszone in blauer Farbe eingezeichnet ist. In diesem Gebiet gelten besondere Regeln, etwa eine Leinenpflicht für Hunde. Im Wald ist das Verlassen der Wege verboten. Speisereste müssen in verschlossenen Mülleimern landen, da diese an Autobahnen oder Landstraßen von Wildschweinen gefressen werden und die Ausbreitung der Seuche fördern können.

Tote Wildschweine müssen dem Veterinäramt des Kreises Bergstraße - telefonisch unter 06252/15 59 77 oder per E-Mail an vetamt@kreis-bergstrasse.de - mit Angabe des Fundortes gemeldet werden. Wichtig ist, die Kadaver nicht anzufassen.

Getreide darf innerhalb der Zone nur nach Sondergenehmigung geerntet werden, „wenn die Fläche am gleichen Tag unter geeigneten Witterungsbedingungen, mittels Drohne auf das Vorhandensein von Wildschweinen und Wildschweinkadavern abgesucht worden ist“, heißt es aus dem Landratsamt.

Redaktion Redakteurin des Südhessen Morgen und zuständig für die Ausgabe Bürstadt/Biblis

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