„MM“-Sommerinterview

In der Schriesheimer CDU bei Windkraft „zwei Herzen in einer Brust“

Andrea Diehl (CDU), Erste Vize-Bürgermeisterin von Schriesheim, stellt sich den aktuellen Fragen der Schriesheimer Kommunalpolitik. Das sind ihre Antworten.

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Konstantin Groß
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Schriesheims Vize-Bürgermeisterin Andrea Diehl (CDU) im Gesoräch mit „MM“-Redakteur Konstantin Groß. © Marcus Schwetasch

Schriesheim. Die CDU ist die drittgrößte Fraktion im Schriesheimer Gemeinderat. Ihre protokollarisch ranghöchste Repräsentantin ist Andrea Diehl. Die 49-jährige Bankkauffrau ist seit einem Jahr Erste Stellvertreterin des Bürgermeisters. Stadträtin ist sie bereits seit elf Jahren.

Frau Diehl, nun gibt es ja einen Bürgerentscheid zur Windkraft. Wie finden Sie das?

Andrea Diehl: Es zeigt, welch großes Interesse in der Bevölkerung an diesem Thema besteht. Allerdings halten wir den Zeitpunkt eigentlich für zu früh. Wir hätten es vorgezogen, abzuwarten, bis mehr Details über das Projekt feststehen.

Wie ist Ihre Haltung zur Windkraft?

Diehl: Dazu schlagen in mir und bei allen anderen in unserer Fraktion zwei Herzen in einer Brust. Zum einen wollen wir natürlich die erneuerbaren Energien fördern. Zum anderen sehen wir aber auch die großen Gefahren für unseren Wald.

Wird es eine Abstimmungsempfehlung der CDU geben, und wie wird sie aussehen?

Diehl: Wir haben darüber in der Fraktion noch nicht endgültig gesprochen. Ich weiß nicht, wie jedes einzelne CDU-Fraktionsmitglied entscheidet, da ja die genauen Standorte für einzelne Windräder noch nicht bekannt sind und einige Fragen noch offen sind. Ich denke, dass wir die angedachten Standorte nicht für sinnvoll erachten . Ein Grund könnte sein, dass wir unseren Wald als Naherholungsgebiet schützen wollen.

Das Thema Windkraft ist in Schriesheim aktuell hoch umstritten. © Frank Molter/dpa

Was ist, wenn es unterschiedliche Mehrheiten in Schriesheim und Dossenheim gibt?

Diehl: Das ist reine Spekulation. Meiner Meinung nach ist der Ausgang in beiden Gemeinden völlig offen. Sollte der von Ihnen geschilderte Fall eintreten, wird der Rat darüber beraten.

Zweites aktuelles Thema: Strahlenburg. Wie stehen Sie zur Initiative für ihren Kauf?

Diehl: Wir begrüßen sie ausdrücklich. Auch wir wünschen uns natürlich, dass die Burg für die Öffentlichkeit erhalten bleibt, und unterstützen dieses Ansinnen, wo wir können.

Glauben Sie, das klappt, die Burg mit Hilfe von Spenden zu erwerben?

Diehl: Sollte kein Großsponsor gewonnen werden können, ist die Summe von 3,5 Millionen zuzüglich Sanierungskosten wohl nicht erreichbar. Die Berechnungen im Verkaufs-Expose für den angedachten Ertrag aus einer Gastronomie halte ich gar für völlig unrealistisch.

Ein Naturkindergarten ist grundsätzlich eine gute Idee, aber nicht als konkrete Alternative zum Neubau Wolkenschloss.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Stadt sich finanziell beteiligt?

Diehl : Angesichts der Finanzlage der Stadt halte ich Geld aus dem Haushalt für nicht machbar. Ich hoffe jedoch, dass sich Zuschüsse aus Fördertöpfen des Landes finden lassen.

Stichwort: Haushaltsloch. Wo sehen Sie noch Sparpotenzial?

Diehl : Ehrlich gesagt keine. Allerdings gibt es ja derzeit vertrauliche Beratungen des Gemeinderates mit der Kämmerei, bei denen entsprechende Lösungen gesucht werden.

Ganz konkret auf dem Spiel steht ja offensichtlich die Volkshochschule. Wie stehen Sie zu einer Schließung?

Diehl : Die war zu keinem Zeitpunkt im Gespräch. Das hat die Grüne Liste wieder mal so rausgehauen und damit für große Unruhe bei Dozenten und Kursteilnehmern gesorgt.

Die Strahlenburg in Schriesheim © Konstantin Groß

Die CDU hat den Vorschlag der Grünen für einen Naturkindergarten statt des Kita-Neubaus Wolkenschloss abgelehnt. Warum?

Diehl: Ich finde es sehr schade, dass die Grünen wieder einmal kurz vor Ende eines Prozesses mit so etwas ankommen. Ein Naturkindergarten ist grundsätzlich eine gute Idee, aber nicht als konkrete Alternative zum Neubau Wolkenschloss. Der wird 90 Plätze bieten. Naturkindergärten mit so vielen Plätzen zu errichten, halte ich nicht für realistisch. Ganz abgesehen davon, dass die Grundstücke dafür nicht einfach zu finden sind. Zudem benötigen wir in Schriesheim Ganztagesplätze, und der Naturkindergarten wäre nur bis 14 Uhr geöffnet.

Ein Finanzloch kann man nicht nur mit Ausgabenkürzungen füllen, sondern auch mit Einnahmesteigerungen, sprich Gebühren- und Steuererhöhungen, konkret der Grundsteuer. Gehen Sie da mit?

Diehl: Ja. Das ist eine leider unvermeidbare Konsequenz der Haushaltslage.

Ein Mittel, Einnahmen zu erhöhen, war früher ein Neubaugebiet. Wie steht die CDU dazu?

Dieh l: Dazu fehlen uns genaue Berechnungen, inwieweit ein Neubaugebiet sich für die Stadt rechnet. Genau abgewogen werden muss dabei der Gewinn durch die Neubürger mit den dafür notwendigen Investitionen.

Neubaugebiet, Gärtner-Gelände, Feuerwehrhaus – man hat das Gefühl, in Schriesheim tut sich wenig, im Gegensatz zu den Umlandgemeinden. Warum ist dies so?

Diehl: Ist anderswo wirklich mehr Dynamik? Ich weiß das nicht. Gerade eben erst machen wir uns daran, den nördlichen Ortseingang attraktiver zu gestalten.

Beim Thema Gärtner-Gelände kann die Stadt und ein Bürgermeister gar nichts machen.

Und es liegt nicht an mangelnder Initiative des Bürgermeisters?

Diehl: Nein. Beim Thema Gärtner-Gelände kann die Stadt und ein Bürgermeister gar nichts machen. Hier wie bei anderen Themen muss er eben manches aufarbeiten, was unter dem Vorgänger liegengeblieben ist.

Sie als CDU sind also mit dem Bürgermeister zufrieden?

Diehl: Ja.

Welche Schulnote würde Sie ihm geben?

Diehl : Eine 2. Gut.

Ist die Bürgermeisterwahl in vier Jahren für die CDU schon Thema?

Diehl: Nein.

Wird die CDU wieder Christoph Oeldorf unterstützen oder werden Sie selbst kandidieren?

Diehl : Letzteres kann ich komplett ausschließen. Ich strebe keine Bürgermeisterkandidatur an.

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Zur Arbeit im Gemeinderat: Für Gesprächsstoff hat gesorgt, dass Sie den AfD-Stadtrat Peter Schmitt im Saal mit Umarmung und Wangenkuss begrüßt haben. Ist das der richtige Umgang mit dem Repräsentanten einer solchen Partei?

Diehl: Ich kenne die Kritik und habe mich daher entschlossen, dies künftig in der Öffentlichkeit zu unterlassen. Abgesehen davon finde ich es sehr schade, dass das so gesehen wird. Ich versuche stets offen zu sein gegenüber Menschen, gleich welche Partei sie haben. Zumal sich Peter Schmitt ganz anders verhält als sein Vorgänger Kröber.

Kommen wir zu Ihrer Fraktion. Man hat das Gefühl, dass nach Ihrer Wahl zur Nachfolgerin von Vize-Bürgermeister Michael Mittelstädt das Klima in der CDU-Fraktion belastet ist.

Diehl: Ich bestreite dies vehement. Ich selbst war es, die Michael Mittelstädt ausdrücklich gebeten hat, weiter Fraktionssprecher zu bleiben.

Es ist also zwischen Ihnen nichts zurückgeblieben aus der Vizebürgermeister-Wahl?

Diehl: Nein.

Wie sehen Sie Ihre politische Zukunft?

Diehl : Meine Arbeit als Gemeinderätin und Kreisrätin macht mir sehr viel Spaß. Über Zukunftspläne darüber hinaus habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Aber um auch dies gleich klarzustellen: Die sehe ich in der Kommunalpolitik und nicht im Landtag.

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