Region Rhein-Neckar. Als die Thermometer Anfang Dezember in Mannheim und der Metropolregion über Tage hinweg Minusgrade anzeigten, da erhielt Katharina Schneeberg noch mehr E-Mails und Anrufe als ohnehin schon. Denn wenn es draußen bitterkalt wird, dann zieht es die Nosferatu-Spinne erst recht ins Warme - und somit in Häuser und Wohnungen.
Sichtungen des Achtbeiners sammelt die Zoologin am Pfalzmuseum für Naturkunde in Bad Dürkheim seit bald zwei Jahren für ihre Forschung. In der Kältephase sei die Anzahl der Meldungen deutlich angestiegen, berichtet sie im Gespräch mit dieser Redaktion - und erläutert, wie sich die auffällig gemusterte Spinne im Winter verhält.
„Im Grunde macht die Nosferatu-Spinne nichts anderes als andere Spinnen. Sie sucht sich ein geschütztes Plätzchen“, sagt Schneeberg. Dieses findet sie vorwiegend in Häusern und Wohnungen. Es sei also durchaus im Winter noch wahrscheinlicher, ein Exemplar im heimischen Wohnzimmer zu finden.
Hohe Minusgrade tödlich
Bei den aktuellen Temperaturen kann die Zoropsis spinimana - so ihr wissenschaftlicher Name - zwar draußen überleben. Sinken sie aber wie Anfang Dezember auf bis zu minus neun Grad, kann das tödlich sein. „Die Körperflüssigkeit gefriert und durch die entstehenden Eiskristalle werden die Zellen durchstoßen“, erklärt Schneeberg.
Sichtungen melden
- Die Zoologin Katharina Schneeberg arbeitet seit 2016 am Pfalzmuseum für Naturkunde in Bad Dürkheim.
- Ihr Aufgabengebiet umfasst die gesamte Zoologie, einen Schwerpunkt bildet die Forschung zur Nosferatu-Spinne.
- Die Zoropsis spinimana war ursprünglich im Mittelmeerraum heimisch, ist mittlerweile aber auch in Deutschland verbreitet. Sie spinnt keine Netze.
- Meldungen per E-Mail an k.schneeberg@pfalzmuseum.BV-pfalz.de.
Ab welcher Temperatur das genau passiert, kann die Expertin nicht sagen. Wie andere Spinnen auch verfügt die Nosferatu-Spinne über ein körpereigenes „Frostschutzmittel“. Die Körperflüssigkeiten werden durch Glycerin angereichert, was ein Gefrieren bei 0 Grad und darunter verhindert.
Die Achtbeiner pflanzen sich jetzt schon fort
Der Fortpflanzungstrieb des Tiers, das seinen Namen der auffälligen, an den berühmten Vampir mit Glatze und tiefen Augenhöhlen erinnernden Musterung auf dem Körper verdankt, scheint im Winter jedenfalls nicht zu leiden. „Die Eierkokons werden zwar typischerweise im Frühling gelegt. Es gibt aber auch aktuell Meldungen über gesichtete Gespinste. Auch die Nosferatu-Spinne, die in meinem Büro lebt, hat schon einen Kokon gesponnen“, berichtet Schneeberg. Wann der Nachwuchs dann tatsächlich schlüpft, müsse aber abgewartet werden.
Lavendel-Duft als Wundermittel?
Zahlreiche Jungtiere hatte im vergangenen Jahr auch die Familie Jesberger aus Ludwigshafen im Schlafzimmer. In ihrem Haus in Friesenheim wurden sie seit dem Frühjahr besonders stark von den Achtbeinern heimgesucht. Mit ihren Berichten schafften es Ulrike und Stefan Jesberger sogar in einige Fernsehsendungen. Und wie ist die Lage jetzt im Winter?
„Es ist Ruhe eingekehrt. Seit September haben wir keine Nosferatu-Spinnen mehr im Haus“, berichtet Ulrike Jesberger auf Anfrage. Offenbar hat die Familie ein Mittel gefunden, die Plagegeister fernzuhalten. „Wir haben Lavendel-Duftstäbchen aufgestellt. Dass das helfen soll, haben wir gelesen und auch im Fernsehen gesehen“, berichtet die Mutter. „Anscheinend wirkt es. Wir hoffen sehr, dass es so bleibt.“
Expertin eher skeptisch
Katharina Schneeberg ist da eher skeptisch. Dass Lavendel-Duft Nosferatu-Spinnen fernhalten könnte, ist ihr nicht bekannt. „Allerdings kenne ich auch keine Studie, die das Gegenteil behauptet“, sagt sie. Die Zoologin geht allerdings eher davon aus, dass der Lavendel eine abschreckende Wirkung auf andere Insekten haben könnte und der Nosferatu-Spinne somit die Nahrungsgrundlage im Hause Jesberger entzogen wurde.
Für die Expertin sind solche Meldungen jedenfalls sehr interessant. Noch bis Ende April sammelt sie fleißig Daten über das Krabbeltier. „Dann habe ich einen Zweijahreszyklus voll. Dabei gab es einen sehr heißen und einen warmen, eher feuchten Sommer. Das ist eine gute Grundlage für die Auswertung“, sagt sie. Ihre gesammelten Erkenntnisse möchte Schneeberg publizieren.
2000 bis 3000 Spinnen-Meldungen
Insgesamt seien bei ihr bislang 2000 bis 3000 Meldungen eingegangen, von rund 1100 verschiedenen Meldern. „Etwa zehn Prozent der Personen melden immer wieder Funde“, erklärt sie. Dabei gebe es durchaus schon erste spannende Ansätze. Wo viele Nosferatu-Spinnen auftauchen, hakt Schneeberg nach, wie es sich mit anderen Spinnen verhält. Sind auch andere Arten anzutreffen? Seit wann nicht mehr? „Durch solche Informationen lassen sich Erkenntnisse auf die Auswirkungen der Ansiedlung der Nosferatu-Spinne auf andere Arten ableiten“, sagt die promovierte Biologin.
Gesicherte Daten gebe es bislang nicht. Allerdings zeichne sich laut Schneeberg ab, dass die Nosferatu-Spinne sich vor allem dort breitmacht, wo vorher keine anderen Spinnenarten anzutreffen gewesen seien. „Das ist ein interessanter Punkt“, sagt sie. Ein Punkt, den sie in ihrer Forschung über die Jäger mit acht Beinen sicher noch vertiefen wird.
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