Explosion

Wie die Mannheimer Feuerwehr beim BASF-Unglück geholfen hat

Großeinsatz auf der anderen Rheinseite, der Betriebsrat versorgt Verletzte und es die Funkgeräte sind knapp - ein Blick in den Einsatzbericht des damaligen Mannheimer Feuerwehrchefs

Von 
Peter W. Ragge
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Die riesige Rauchwolke über dem BASF-Werk Ludwigshafen, gesehen vom Mannheimer Feuerlöschboot aus, das Löschwasser ins Werk pumpte. © marchivum

Ludwigshafen. Gert Magnus ist, das spürt man aus jeder Zeile, noch Tage später ebenso angespannt wie tief beeindruckt. Auf seinem Briefkopf mit dem Stadtwappen schreibt der Mannheimer Branddirektor in einem Dankesbrief an alle seine Kameraden, der 28. Juli 1948 werde sicher in die Geschichte der Feuerwehr Mannheim eingehen, „als Tag der großen Leistung“.

Was für eine Leistung das ist, zeigt sein Tätigkeitsbericht, den Magnus dem Inspekteur des Feuerlöschwesens im Innenministerium Stuttgart schickt. Er endet damit, dass man „alles Menschenmögliche getan“ und viele Menschen gerettet habe, die Hilfe letztlich aber doch „in allzu vielen Fällen“ nicht ausreichte. Und er erwähnt neben den körperlichen Anstrengungen der Helfer deren seelische Leistungen angesichts des Leids - etwas, was seinerzeit eigentlich noch gar nicht üblich ist.

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Laut Gert Magnus, Mannheimer Branddirektor 1945 bis 1971, ist er selbst in einem Funkwagen losgefahren, als der Knall der Explosion in Mannheim gegen 15.44 Uhr hörbar ist - er aber noch gar nicht weiß, wo was passierte. „Durch Turmbeobachtung“ von der heutigen Alten Feuerwache am Neckarufer aus habe man dann festgestellt, dass sich das Unglück bei der BASF ereignet hat. Sofort wird ein Löschzug losgeschickt, Magnus übernimmt, kaum am Werkstor eingetroffen, mit den Chefs der Feuerwehr Ludwigshafen und der Werkfeuerwehr die Einsatzleitung. Um 16.02 Uhr löst er Alarm für die gesamte Mannheimer Feuerwehr aus - einschließlich aller Freiwilligen Feuerwehren sowie zwei Werkfeuerwehren („Schildkröt“ und Benz). Den Brandschutz in Mannheim übernehmen derweil Kameraden, die dienstfrei haben, und die Berufsfeuerwehr Heidelberg.

Magnus schildert, wie der BASF-Betriebsrat den Transport der Verletzten organisiert und dass den Einsatzkräften anfangs Ansprechpartner der Firma fehlen, „weil die Direktoren sich zufällig außerhalb des Werkes befanden, während die Abteilungsleiter teils verschüttet, teils verletzt waren“, schreibt er.

Franzosen übernehmen

Ganz dringend fehlt Löschwasser, weshalb das Mannheimer Feuerlöschboot und ein Boot des Hafenamts Wasser aus dem Rhein pumpen. Auch die Zahl der Kraftspritzen reicht nicht aus. Aber die BASF-Werkfeuerwehr habe ohnehin gesagt, man müsse nicht alles löschen: Die noch vorhandenen Brände stellten keine große Gefahr dar, „sondern lediglich eine Belästigung“, denn unter den Ruinen entstehe kein Schaden mehr, notiert Magnus spürbar verwundert. Als schwierig erweist sich zudem die Kommunikation - es gibt kaum Funkgeräte. Die Weisungen von der Einsatzstelle seien vielmehr über seinen Befehlswagen an die Zentrale der Feuerwache Mannheim und von dort „auf dem Drahtwege“ (sprich: per Telefon) weitergegeben worden.

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Spürbar erleichtert schildert Magnus, dass amerikanische Militärpolizei anrückt und diese dann „in unvorhergesehen großem Umfange“ 100 Pioniere mit schwerem Gerät schickt - dabei liegt Ludwigshafen in der französischen Besatzungszone. Auch Mannheimer Polizei hilft auf der anderen Rheinseite, das Rote Kreuz Mannheim und US-Feldküchen verpflegen die Helfer.

Erkennbar irritiert vermerkt Magnus indes, dass am 30. Juli die Werksleitung die Mannheimer auffordert, „das Werk sofort zu verlassen“. Der Bausicherungstrupp der Feuerwehr wird gleich darauf zurückbeordert -dessen Abzug sei „ein Missverständnis“. Aber sonst übernimmt nun alles die französische Administration.

Redaktion Chefreporter

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