Mannheim. Als „Denkmal und Arbeitsplatz zugleich und eine gelungene Symbiose von Gestern und Heute“, lobte Stadträtin Helen Heberer, Vorsitzende vom Verein Stadtbild, das Gebäude ebenso wie die Inneneinrichtung – beide aus dem Jugendstil und im Original erhalten. Der Verein ist aus der Bürgeraktion zum Wiederaufbau des Alten Kaufhauses in N 1 hervorgegangen. Die ist damals zwar gescheitert, aber seither hat der Verein oft versucht, den Abriss bedeutender historischer Gebäude zu verhindern und mit Spenden deren Restaurierung zu unterstützen. Er zeichnet mit seinem Preis aber auch Privatleute aus, die sich beispielhaft für den Erhalt historischer Gebäude einsetzen. Dabei sei die Marien-Apotheke ein besonders schönes Beispiel, „dass Vergangenes Zukunft haben kann, wenn man es so schön und liebevoll hegt und pflegt“, würdigte Heberer den Einsatz von der Eigentümerin Angelika Hill und dem Apotheker Wolfgang Müller als Betreiber.
„Vor der Zerstörung bewahrt“
Sie hätten Fassade wie Inneneinrichtung „in einem museal anmutenden Stil und dem Denkmalschutz verpflichtet rekonstruiert und den Erfordernissen eines zeitgemäßen Arbeitens angepasst“, so Heberer. „Mit der Erhaltung des Hauses und der Apotheke haben sie einen Identifikation schaffenden Raum im Herzen des Stadtteils Neckarau vor der Zerstörung bewahrt“, betont sie und bezeichnet das Gebäude als „historisches Juwel direkt am Marktplatz“.
Errichtet wurde das stattliche Doppelhaus mit der Anschrift Friedrichstraße 22/Am Markt 3 kurz nach der 1899 erfolgten Eingemeindung von Neckarau. 1908 erwarb, wie der stellvertretende Stadtbild-Vorsitzende Volker Keller recherchierte, der Neckarauer Baumeister Franz Anton Noll das Gelände und errichtete dort drei Wohnhäuser im Jugendstil, das Eckgebäude und die Nachbarhäuser. Das Eckhaus mit markantem Turmerker diente zunächst dem Händler Artur Kauffmann, der Haushaltsgegenstände verkaufte, sowie einem Zahnarzt. 1912 beginnt die Apotheken-Geschichte. Carl Batsching erwarb das Haus, richtete im vorderen Erdgeschoss die Marien-Apotheke ein und wohnte in den hinteren Räumen mit seiner Familie. 1918/19 kaufte die Rheinische Gummi- und Celluloidfabrik das Eckhaus. Apotheker Gustav Hattingen führte die Apotheke nun viele Jahrzehnte mit seiner Frau Else, die dafür – im Alter von über 50 Jahren – eigens in Mainz Pharmazie studierte. Im Zweiten Weltkrieg erlitt das Gebäude zwar Kriegsschäden, die aber, laut Volker Keller „nur in der Dachzone des Turmerkers etwas vereinfacht“, repariert und saniert werden konnten.
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Als Gustav Hattingen um 1970 starb, wurde das Gebäude Eigentum der Familie Hattingen, deren Nachkommen es heute noch besitzen und zuletzt 2015 die Fassade aufwendig restaurierten. Die Hauseigentümer gewannen 1976 Apotheker Wolfgang Müller und seine Frau, die Apotheke zu übernehmen. Dabei hätten sie „mit Herzblut und Unterstützung der Familie“, so Keller, den musealen Stil erhalten und zugleich „den Erfordernissen eines zeitgemäßen pharmazeutischen Arbeitens in High-Tech“ angepasst: „Dieser Spagat wurde zu einer bis heute währenden Erfolgsgeschichte.“ Von den drei denkmalgeschützten Ladeneinrichtungen in Mannheim werde nur die Marienapotheke noch im ursprünglichen Sinn genutzt!“, so Keller.
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