Justiz

Urteil gegen Druide in Mannheim gesprochen: "Waffen hätten zum Töten gereicht"

Von 
Sebastian Koch
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Lebt laut seinen Anwälten in einem „verzerrten Weltbild“: Karl B., der jahrelang in Schwetzingen und Brühl gelebt hat und als „Druide“ bekannt ist. © Michael Ruffler

Mannheim. Teilweise sei es skurril gewesen, was Karl B. von sich gegeben habe, doch mit „vielfach antisemitischen Äußerungen“ und selbst gebauten Waffen hätte er für eine „explosive Stimmung“ sorgen können. Mit diesen Worten erklärt die Vorsitzende Richterin Bettina Krenz im Saal 2 des Landgerichts Mannheim das gerade gesprochene Urteil: Karl B., der als selbst ernannter „Druide“ jahrelang in Schwetzingen und Brühl gelebt hat, erhält eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung.

Mit der Entscheidung findet ein außergewöhnlich langwieriges Verfahren in Mannheim zumindest vorerst sein Ende, denn rechtskräftig ist das Urteil noch nicht. Insgesamt fast sechs Jahre hatten sich Ermittlungen und Prozess gegen die Gruppe um Karl B. hingezogen. Zusammen mit drei weiteren Männern war B. angeklagt gewesen, sich zwischen 2015 und 2017 aufgrund ihrer „staatskritischen Einstellung“, wie Krenz es beschreibt, zum Selbstschutz bewaffnet zu haben. Wohlwissend, dass sie dazu nicht berechtigt sind.

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Drei Männer waren vor zwei Wochen bereits zu Bewährungsstrafen verurteilt worden (wir berichteten), das Verfahren gegen B. wurde an diesem Freitag beendet. Er soll neben diversen Waffendelikten den Holocaust und die NS-Verbrechen geleugnet sowie zum Mord an Juden aufgerufen haben. B. sei der „Führungskopf“ des Quartetts gewesen und hege eine „tiefgreifende antisemitische Einstellung“, hatte der Staatsanwalt im Plädoyer erklärt. Wegen Volksverhetzung in mehreren Fällen muss B. außerdem eine Geldstrafe von 130 Tagessätzen à zehn Euro bezahlen.

3000 Patronen habe B. besessen, das heißt, der Tatbestand sei 3000 mal verwirklicht worden. „Das ist kein minderschwerer Fall“, erklärt Krenz, nachdem die Verteidigung zuvor darauf plädiert hatte. Die Waffen, die B. und seine Mitstreiter gebaut und die B. vertrieben habe, seien nicht präzise gewesen, hieß es im Plädoyer der Verteidigung. Zudem seien mehrere Taten durch einen verdeckten Ermittler der Polizei „provoziert“ worden. B. lebe in einem „verzerrten Weltbild“.

Hass gegen Juden und Geflüchtete

Einblicke in ein solches Weltbild hatte zuvor Julian Beck gegeben. Fast eine Stunde lang sprach der Kommissar des Landeskriminalamts über die Ermittlungen gegen B. und zeigte an mitgebrachten Beispielen, wie die Waffen funktioniert haben sollen, die die Gruppe um B. gebastelt und vertrieben hatte. Phasenweise fühlte sich der Zuhörer wie in einem Agentenfilm, wenn Beck etwa darüber sprach, wie aus einem Kugelschreiber eine Schusswaffe wurde. Zehn Stück dieser Waffen mit Patronen „klassischen Kleinkalibers“ habe B. in Auftrag gegeben. Die Waffe, erklärte Beck, „reicht aus, um einen tödlichen Schuss abzugeben“. Aus Fallen für Wühlmäuse habe die Gruppe Schusswaffen gebaut, deren Munition eine „ähnliche Wirkung“ hätte „wie meine Dienstpistole“, schilderte der Polizist - allerdings mit einer „geringeren Präzision“.

Wirklich professionell sind die Waffen nicht. Das sahen auch Staatsanwalt und Gericht so. „Tendenziell“ seien sie „weniger gefährlich als echte Waffen“, so der Staatsanwalt. Richterin Krenz erklärte nach dem Urteil: „Natürlich waren die Waffen nicht so professionell, aber sie hätten gereicht, um Menschen zu gefährden oder zu töten.“

In Heften und anderen Schriftstücken habe B. zudem gegen Juden und Geflüchtete gehetzt, erklärte Polizist Beck weiter. In seinem „Hass gegen Juden und Flüchtlinge“, so Beck, habe B. etwa von der „Weltherrschaft der Juden“ gesprochen und „Flüchtlinge als außerirdische Invasoren“ bezeichnet. Polizisten und Polizistinnen hätte B. in seinen Schriften alle Rechte in Kontrollen abgesprochen, „weil die Bundesrepublik Deutschland nur eine Firma sei“, erläuterte Beck. Die Ermittler und Ermittlerinnen hatten die Mitglieder der Gruppe der sogenannten Reichsbürger-Szene zugeordnet.

Langjähriges Verfahren

Der 71-Jährige B. sei Anführer und Galionsfigur der Gruppe gewesen, sagte die Richterin. Anfangs bestand sogar der Verdacht der Bildung einer terroristischen Vereinigung. Laut Krenz wurde befürchtet, dass es B. gelänge, mehrere Leute um sich zu scharen. „Er war extrem in Gewaltfantasien verstrickt.“ Neben dem Geständnis habe sich vor allem die Tatsache für B. strafmildernd ausgewirkt, dass seit den Taten viele Jahre vergangen seien und er seit Beginn des Verfahrens nicht mehr gegen das Waffenrecht verstoßen habe.

Dem Urteil war eine Verständigung der Parteien vorausgegangen, wonach eine mildere Strafe bei einem Geständnis erfolgen sollte. Das habe das sowieso schon lange Verfahren erheblich abgekürzt, wertete Krenz. Ein Teil der Strafe gelte als vollstreckt, weil so die Verzögerung des Verfahrens kompensiert werde, erklärte die Richterin.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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