Ludwigshafen. Mehr als 3.000 Unterschriften hat die Bürgerinitiative „Lebenswertes Ludwigshafen“ mittlerweile gegen die Pläne der Stadt gesammelt, die marode Hochstraße Nord durch eine ebenerdige, bis zu achtspurige „Helmut-Kohl-Allee“ zu ersetzen. Nun will die Bürgerinitiative für den 5. Juni eine Podiumsdiskussion organisieren, um Vertretern der Stadt die Unterschriftenliste zu überreichen und verschiedene Verkehrskonzepte zu besprechen.
„Es geht unter anderem um die Frage, wie die Stadt die Verkehrswende schaffen will. Mit den derzeitigen Plänen wird das wohl nicht gelingen, wenn man sieht, dass allein rund eine Milliarde Euro für nur eine Straße ausgegeben werden soll“, gibt Till Gerlach, Pressesprecher der AG Helmut-Kohl-Allee in der Bürgerinitiative Lebenswertes Ludwigshafen, zu bedenken.
Initiative „Lebenswertes Ludwigshafen“ kritisiert „Verkehrspolitik wie zu Adenauer-Zeiten“
Die Initiative kritisiert in ihrer Petition unter anderem, dass die Stadt mit den Plänen „eine Verkehrspolitik wie zu Adenauer-Zeiten“ anstrebe, bei der sich alles auf das Automobil als Transportmittel fokussiere. Sie fordert stattdessen, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, der Fahrradwege, Pendler-Radrouten und alternativen Verkehrslösungen voranzutreiben, um „eine lebenswerte und nachhaltige Zukunft für Ludwigshafen zu gestalten“.
Die Stadtverwaltung hat auf Anfrage mitgeteilt, dass ihr die Petition nicht vorliege. Stadtsprecher Florian Bittler versichert allerdings, dass die Planung „die volkswirtschaftliche Dimension einer guten und leistungsfähigen Infrastruktur“ ebenso berücksichtige wie wirtschaftliche Aspekte. Sie würdige außerdem Belange der Umwelt und schaffe zugleich die Voraussetzung für die Entstehung eines neuen, innovativen Stadtquartiers.
Bedeutung der Helmut-Kohl-Allee in Ludwigshafen in regionalem Kontext anerkannt
Kritisiert werden auch die Kosten, die das Loch in der Kasse der ohnehin schon so hoch verschuldeten Stadt noch vergrößern würden – auch wenn der Bund 60 Prozent und das Land Rheinland-Pfalz weitere 25 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten für das Gesamtprojekt Hochstraßen übernehmen: „Der Nutzen der Straße steht in keinem Verhältnis zu den hohen Kosten von rund einer Milliarde Euro, die sie am Ende wahrscheinlich kosten wird. Für dieses Geld hätte man auch ein zukunftsfähigeres und nachhaltigeres Konzept entwickeln können“, ist sich Gerlach sicher.
Dem hält Bittler entgegen, dass insbesondere die volkswirtschaftliche Bedeutung des Vorhabens in seinem regionalen Kontext durch die Fördermittelgeber Bund und Land ausdrücklich anerkannt worden sei. Dass die geplante Stadtstraße erforderlich ist, sei unstrittig, so Bittler weiter. Und zwar „sowohl für den regionalen und überregionalen Personen- und Güterverkehr als auch zur Erschließung des neuen Stadtquartiers, der Innenstadt und der nördlich angrenzenden Stadtteile im Zuge der B44“.
Umplanung der Helmut-Kohl-Allee in Ludwigshafen wäre mit Kostensteigerungen verbunden
Zudem sei das Projekt schon so weit fortgeschritten, dass eine Umplanung erhebliche Verzögerungen und Kostensteigerungen nach sich ziehen würde. „Zum Beispiel ist die Vergabe der Bauleistungen der Westbrücke schon erfolgt, Abriss- und Umbauarbeiten haben bereits stattgefunden und das westliche Widerlager ist betoniert. Am Messplatz und am Parkplatz Jaegerstraße wird bereits der Unterbau für die Helmut-Kohl-Allee hergestellt. Der Rückbau der Lagerhalle im Hafen wird zeitnah beauftragt“, zählt der Stadtsprecher auf.
Obendrein gelte es zu bedenken, dass die Hochstraße Nord in einem schlechten Zustand sei und die Verwaltung alles daransetze, sie bis zur Fertigstellung der Hochstraße Süd überhaupt für den Verkehr zu erhalten. „Müsste die Hochstraße Nord für den Verkehr gesperrt werden oder die Planung sich durch Änderungen im Verfahren verzögern, hätte dies gravierende Auswirkungen auf den regionalen Verkehr und die regionale Wirtschaft“, so Bittler.
Helmut-Kohl-Allee Ludwigshafen: Bereits 115 Millionen Euro gezahlt
Außerdem stecke schon eine Menge Geld in dem Vorhaben. Aktuell seien bereits rund 115 Millionen Euro in die Baumaßnahmen zur zukünftigen Helmut-Kohl-Allee geflossen. „Hierin enthalten sind die Planungskosten seit 2012, der Grunderwerb, Leitungsumlegungen, erste Rechnungen zur Westbrücke, Arbeiten zur Sicherung des stillgelegten Straßenbahntunnels und des Messplatzes sowie die Projektsteuerung und die Bauprojektgesellschaft (BPG)“, informiert Bittler.
Weitere rund 300 Millionen Euro für die Planungs- und Bauverträge, für weiteren Grunderwerb, Projektsteuerung und BPG seien bereits beauftragt. „Die aktuelle Maßnahmengenehmigung für die Helmut-Kohl-Allee beläuft sich insgesamt auf rund 940 Millionen Euro“, so der Stadtsprecher weiter.
Dass die Wahrscheinlichkeit gering ist, dass das Projekt doch noch gestoppt, beziehungsweise die Pläne noch einmal geändert werden, dessen ist sich auch Till Gerlach bewusst. „Wir können natürlich niemanden zwingen“, sagt der Pressesprecher der Bürgerinitiative. „Aber die Hoffnung bewahren wir trotzdem. Wir wollen ja vor allem auch bei den Politikern ein Bewusstsein dafür schaffen, dass es in der Bevölkerung den Wunsch nach einer Verkehrswende gibt“, so Gerlach weiter. Durch die Petition sei klar erkennbar, „dass es bei den Einwohnern ein Bedürfnis gibt, umweltbewusstere Verkehrslösungen zu finden, die es den Menschen ermöglichen, das Auto stehenzulassen und stattdessen auf das Rad umzusteigen oder den ÖPNV zu nutzen“.
Petition gegen Helmut-Kohl-Allee: Bislang keinerlei Reaktionen aus dem Ludwigshafener Stadtrat
Die Petition lief über eine Internetseite, die das entsprechende Gremium – in diesem Fall die Stadträte – anschreibt und um Stellungnahme bittet, sobald die Anforderungen der Petition erfüllt sind. Dies war Ende 2024 der Fall. Daraufhin wurden laut dem Portal am 25. Januar erstmals 27 Stadträte angeschrieben (von weiteren 34 lagen der Webseite nach eigenen Angaben keine Kontaktdaten vor) und um Stellungnahme gebeten. Weil darauf aber keine Reaktion erfolgte, wurden die Stadtvertreter am 21. Februar erneut angeschrieben. Auch dieses Mal ging laut der Internetseite keine Stellungnahme aus dem Stadtrat ein.
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