Ludwigshafen. Leidenschaftlich kämpft die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin für die Entscheidung. „Es geht nicht nur um Ludwigshafen, es geht um eine ganze Region“, schwört Jutta Steinruck (SPD) die Mitglieder des Stadtrates auf die Tragweite auf deren Entscheidung ein. Zur Debatte steht das gesamte Verkehrskonzept rund um die Hochstraßen. Es geht um die Vergabe der Planungsleistungen für die Pilzhochstraße, die so gut wie abgerissen ist. Es geht aber auch um die Sanierung der Weißen Hochstraße, die nicht ganz so kaputt ist wie zunächst befürchtet. Und es geht vor allem um die Hochstraße Nord, die schneller zur Stadtstraße werden könnte, wenn das Rathaus samt Rathaus-Center abgerissen werden würde. Zwei bis zweieinhalb Jahre kürzer könnten die Belastungen für die Menschen ausfallen. „Es hängt alles mit allem zusammen“, verdeutlicht Steinruck.
Dass eine Mehrheit für den Abriss des Rathauses möglich sei, habe sich beim Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden Mitte August abgezeichnet, erinnert Steinruck. Gleichwohl legt sie alle drei Varianten zur Abwägung für die Politiker auf den Tisch: Da wäre der Komplettabriss, der eine Verschwenkung der Stadtstraße um zehn bis 15 Meter erlauben würde und einige Verkehrsprobleme weniger nach sich ziehe, weil der Bau der Stadtstraße schon möglich wäre, während der Verkehr auf der Hochstraße Nord fließt. Da wäre der Teilabriss, der zuvor Gegenstand der Planungen war. Und da wäre auch die Sanierung des Rathauses an der alten Stelle, die in den Überlegungen kaum eine Rolle gespielt hat. „Es ist Zeit, endlich Entscheidungen zu treffen“, drängt Steinruck.
Zuvor haben der neue Baudezernent Alexander Thewalt und Tiefbaubereichsleiter Björn Berlenbach die Sachstände skizziert: Nach der Vergabe der Planungsleistungen könnte Ende 2022 die Ausschreibung für den Bau der Ersatzhochstraße Süd erfolgen, Beginn der Bauarbeiten wäre demnach Mitte 2023, Ende 2025 wäre die neue Hochstraße Süd fertig und durchgehend bis zur Pylonbrücke über dem Hauptbahnhof befahrbar. Denn die Weiße Hochstraße, die sich an die Pilzhochstraße anschließt, wäre bis dahin fertig saniert. Es geht vor allem um die Verstärkung von zwei rund vier und sieben Meter breiten Schwachstellen, erläutert Berlenbach. „Das ist alles sehr überschaubar. Es wird ja auch Zeit, dass man nicht immer nur Pech hat“, sagt er augenzwinkernd.
Deutliche Zustimmung erhält die Oberbürgermeisterin, als sie an die Nachbargebietskörperschaften adressiert, nicht immer nur zu jammern, sondern selbst die Initiative zu ergreifen, um den Verkehr der Zukunft auf den Weg zu bringen. Es sei zu einfach, immer nur auf Ludwigshafen und seine Probleme zu deuten, will sie Lösungen für die ganze Region.
Zu Beginn der Aussprache rügt CDU-Fraktionschef Peter Uebel indessen die Verwaltung, dass die Informationen erst relativ spät den Fraktionen zur Verfügung gestellt worden seien, und beantragt eine Sitzungsunterbrechung. Dem stimmt der Stadtrat mehrheitlich zu. Zuvor hat Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) betont, dass die baulichen Probleme des Rathauses seit 20 Jahren bekannt seien.
Unter dem Stichwort „Rathaus 2050“ will die Verwaltung den langfristigen Raumbedarf klären. Dafür gebe es ein Forschungsprojekt mit der Ludwigshafener Hochschule, wie Steinruck ankündigt. Die Federführung habe Jutta Rump, die schon früher als Expertin erwiesen habe.
In der Debatte bezeicnhet die SPD den Neubau des Rathauses als optimale und wirtschaftliche Lösung für den Flächenbedarf der Verwaltung . „Wir wollen nicht in 20 Jahren wieder vor einer Sanierung des Rathauses stehen“, so David Guthier. Nachdem der frühere CDU-geführte Stadtvorstand das Thema ausgesessen habe, sollten die städtebaulichen Chancen nicht durch Verzögerungen zunichte gemacht werden. Zumal durch eine Verschwenkung der Stadtstraße auch deren Kosten reduziert werden könnten. Die CDU plädiert für eine kleine dezentrale Rathaus-Lösung mit externen Standorten - aus Gründen der Flexibilität und Kosten, stimmt aber einem Abriss des Rathauses und einer veränderten Trasse der Stadtstraße zu. Peter Uebel: „Es ist aber eine fundamentale Frage, ob die Förderfähigkeit erhalten bleibt.“ Zudem vermisst er eine belastbare Aussage, wonach es keine Auswirkungen auf das Planfeststellungsverfahren habe. „Wir werden auf keinen Fall dieses Verfahren gefährden“, entgegnet Steinruck.
Rene Puder (AfD) bezeichnet den Neubau als flexibelste Lösung. Die Entscheidung über die Stadtstraße könne später erfolgen. „Insofern sehen wir derzeit kein Informationsproblem.“ Hans-Uwe Daumann (Grüne im Rat): „Wir wünschen uns ein belebtes Stadtquartier am jetzigen Rathaus-Standort und keine Trennung von Innenstadt und Hemshof.“ Der Grünzug vom Friedenspark zum Rhein soll fortgeführt werden.
Das Grüne Forum und Piraten bezeichnet es als Glücksfall, dass sich durch den Abriss des Rathauses Vorteile für die Stadtstraße ergeben. Der neue Standort sollte noch offen gelassen werden, denn auch die Walzmühle sei dafür denkbar, so Raik Dreher. Dies könne bereits binnen fünf Jahren realisierbar sein, so Raik Dreher. „Wir sollen die Entscheidung über den Standort nicht verzögern, zumal die Infos seit langem vorliegen und keine sinnvolle Alternative vorliegt“, entgegnet Thomas Schell (FDP). „Der Abriss ist die sinnvollste Sache“, sagt Rainer Metz (FWG). Bürolandschaften werden sich verändern, dies könne man mit dem Neubau umsetzen.
Auch die Linken wollen über den neuen Standort noch nicht entscheiden. „Hochhäuser sind Energiefresser und Klimaschleudern“, so Bernhard Wadle-Rohe. Vorbildlich sei das Stadthaus Nord von 1920. „Hier muss kein Stein saniert werden.“
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