Justiz

Normannia-Affäre: Prozess gegen Burschenschaftler aus Heidelberg und Köln wird neu verhandelt

Vier Burschenschaftler mussten sich im Winter 2022 vor dem Amtsgericht in Heidelberg verantworten. Die Männer waren wegen gefährlicher Körperverletzung und tätlicher Beleidigung angeklagt. Drei von ihnen wurden zu Bewährungsstrafen verurteilt - und haben Berufung gegen das Urteil eingelegt

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Agnes Polewka
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Das Verbindungshaus der Heidelberger Burschenschaft Normannia am Kurzen Buckel unterhalb des Schlosses. © Philipp Rothe

Heidelberg. Einer der skurrilsten Prozesse des vergangenen Jahres könnte in den kommenden Wochen eine Fortsetzung bekommen, denn die juristische Aufarbeitung der sogenannten Normannia-Affäre geht in die nächste Runde. Zur Erinnerung: Vier Burschenschaftler aus Heidelberg und Köln mussten sich im Winter 2022 vor dem Amtsgericht in Heidelberg verantworten. Die Männer zwischen 22 und 28 Jahren waren wegen gefährlicher Körperverletzung und tätlicher Beleidigung angeklagt.

Am Heidelberger Landgericht wird der Prozess gegen drei Burschenschaftler aus Köln und Heidelberg neu verhandelt. © imago/suedraumfoto

Ihnen wurde vorgeworfen, einen 25-Jährigen im August 2020 im Verbindungshaus der Heidelberger Burschenschaft Normannia antisemitisch beleidigt und mit Gürteln geschlagen zu haben. Im Dezember fiel das Urteil: Drei Burschenschaftler wurden zu je acht Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, ein vierter Mann wurde freigesprochen.

Bislang kein Termin

Nach Angaben der Heidelberger Staatsanwaltschaft haben drei der Angeklagten Berufung eingelegt. Damit wandert das Strafverfahren an das nächsthöhere Gericht, ans Heidelberger Landgericht. Eine Sprecherin des Landgerichts bestätigte: In den kommenden Wochen wird die sogenannte Normannia-Affäre neu verhandelt - außer die Angeklagten ziehen ihre Berufungen wieder zurück. Ein Termin stehe bislang noch nicht fest, so die Sprecherin.

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Weil nur die Angeklagten, nicht aber die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt haben, gilt das „Verbot der Verschlechterung“ - eine höhere Strafe für die drei Männer darf nicht verhängt werden.

Ende August 2020 hatte die Heidelberger Burschenschaft Normannia international Schlagzeilen gemacht, selbst die israelische Tagespresse berichtete über die Ereignisse am Kurzen Buckel: Bei einer Feier im Verbindungshaus sollen mehrere Burschenschaftler einen 25-Jährigen antisemitisch beleidigt, ihn mit Gürteln geschlagen und mit Münzen beworfen haben - als Anspielung auf das rassistische Stereotyp vom „Wucherjuden“.

Zeugen wollten sich nicht erinnern

Auch während des Prozesses war das öffentliche Interesse groß. Und gleichzeitig offenbarte das Verfahren, wie schwierig es für das Gericht war, herauszufinden, was in der Nacht vom 28. auf den 29. August 2020 wirklich im Verbindungshaus der Heidelberger Burschenschaft Normannia passiert ist.

Die Zeugen, die während des Verfahrens gehört wurden, konnten oder wollten sich nicht an das erinnern, was Ende August 2020 geschehen sein soll. Von einer „Mauer des Schweigens“ sprach eine Ermittlerin zu Beginn des Prozesses, von „einer Katastrophe“ die Vorsitzende Richterin Nicole Bargatzky während des Verfahrens. Sie drohte mehreren Zeugen mit Ermittlungen wegen uneidlicher Falschaussagen, zeigte sich fast schon verzweifelt über den Gang des Verfahrens.

Durch Chatverläufe, rekonstruierte Gespräche, oder weil die Angeklagten klar identifiziert worden seien, habe sie keinen Zweifel an der Schuld von drei Angeklagten, sagte Bargatzky in der Urteilsbegründung. Dennoch seien während des Verfahrens zu viele Dinge offengeblieben. Deshalb kam sie der Forderung der Staatsanwaltschaft nicht nach, die in ihrem Plädoyer elf Monate Haft auf Bewährung für alle Angeklagten gefordert hatte.

Den vierten Angeklagten - einen der beiden Heidelberger - sprach Bargatzky frei. Nicht, weil sie von seiner Unschuld überzeugt ist, sondern weil sie Zweifel an seiner Schuld hat, sagte die Richterin.

Redaktion

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