Sexuelle Gewalt - Was im Speyerer Kinderheim Engelsgasse mutmaßlich in den Jahren 1994 und 1995 geschehen ist, kann heute nicht mehr verfolgt werden

Missbrauch durch Nonne im Speyerer Kinderheim in der Engelsgasse: Es wird nicht ermittelt

Von 
Stephan Alfter
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Ein mutmaßliches Missbrauchsopfer erzählt „MM“-Redakteur Stephan Alfter (r.) in der ARD-Doku „In Gottes Namen“, was ihm im Kinderheim widerfahren ist. © ARD

Speyer. Die Frankenthaler Staatsanwaltschaft wird nicht gegen die Nonne ermitteln, die von einem heute 35-jährigen ehemaligen Heimkind beschuldigt wird, es mehrfach vergewaltigt zu haben. Das hat der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber auf Anfrage mitgeteilt. Die Begründung: Der Zeitraum, in dem die Taten stattgefunden haben sollen, ist für eine Strafverfolgung nach bestehendem Gesetz nicht mehr relevant. Die Vorwürfe sind verjährt.

Seit Bekanntwerden der Anschuldigungen im Mai hatte die Staatsanwaltschaft den Fall geprüft. Ein Mann, der 1986 in Speyer geboren wurde und nach seiner Darstellung 1994 in ein inzwischen wegen seines zweifelhaften Rufs bekanntes Kinderheim in der Engelsgasse kam, hatte gegenüber dieser Redaktion erzählt, wie eine der dort tätigen Schwestern ihn bis ins Jahr 1995 mehrfach sexuell missbraucht hat.

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„In Abständen von einigen Wochen hat sie mich in ihr Nachtbereitschaftszimmer geholt. Ich musste mich dann jeweils nackt ausziehen und mich so ins Bett legen. Schwester ... hat sich dann auch nackt ausgezogen. Sie hat sich dann auf mich gesetzt, um sich selbst zu befriedigen. Sie hat ’Hoppe, hoppe Reiter’ auf mir gespielt.“ So hatte der Mann, der heute alkoholabhängig ist und zwischenzeitlich auf der Straße lebt, die Vorgänge damals geschildert. Die Niederbronner Schwestern, zu deren Orden die Beschuldigte gehört, hatten die Vorwürfe den Ermittlungsbehörden weitergeleitet.

Hubert Ströber erklärte gegenüber dieser Redaktion, dass die Taten nach dem 1. Januar 1998 hätten geschehen müssen, um juristisch noch verfolgt werden zu können. Im August 1995 verließen die Nonnen das Kinderheim. Die beschuldigte Frau, die noch keine 70 Jahre alt ist, lebt weiterhin in einer Schwesterngemeinschaft in Speyer. Versuche der Kontaktaufnahme scheiterten.

Sie wird von ehemaligen Heimkindern als besonders übergriffig beschrieben. Schläge habe sie regelmäßig verteilt, sagten frühere Bewohner aus der Engelsgasse im Mai in der ARD-Dokumentation „In Gottes Namen“, die auf Recherchen dieser Redaktion fußte. Der Betroffene, der dort mit dem Rücken zur Kamera zu sehen war, ist seither gesundheitlich schwer angeschlagen.

Redaktion Reporter in der Metropolregion Rhein-Neckar

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