Justiz

Manipulierten Mitarbeiter des Landratsamtes Wiesloch Fahrzeugpapiere?

Neben Kennzeichen soll die Zulassungsstelle in Wiesloch auch andere Manipulationen unterstützt haben: So sollen Autos mit Papieren ausgestattet worden seien, die eigentlich nicht mehr zugelassen werden durften

Von 
Michaela Roßner
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Um solche Kennzeichen dreht sich die Affäre im Landratsamt. © Markus Scholz

Rhein-Neckar. Wie ausgeklügelt waren die Geschäftsmodelle, die ein Heidelberger Unternehmer aus dem Kfz-Zulassungsbereich offenbar gemeinsam mit Mitarbeitern des Landratsamtes jahrelang gepflegt hat? Im Prozess vor der Wirtschaftsstrafkammer des Mannheimer Landgerichts um die massenhafte Ausgabe von Kurzzeitkennzeichen in der Zulassungsstelle Wiesloch, Korruption und Bestechlichkeit haben auch am Dienstag Ermittler als Zeugen ausgesagt. Sie berichteten über ein weiteres, offenbar über längere Zeit praktiziertes „Geschäftsmodell“: Fahrzeuge, die - etwa wegen ihrer Abgaswerte - eigentlich nicht mehr legal in Deutschland eine Erstzulassung bekommen hätten, sollen über den Unternehmer als vermeintliche Gebrauchtwagen angemeldet worden sein. Dafür seien sie offenbar auch mit fingierten Erstzulassungsdaten ausgestattet worden.

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In der Branche habe sich herumgesprochen gehabt, „dass es jemanden gibt, der weiß, wie das geht“, berichtete die Ermittlerin - und spielte damit auf den Angeklagten und sein Netz von Zulassungsdiensten an. 

Eine andere Zeugin, damals neu in der Zulassungsstelle beschäftigt, hatte berichtet, von ihrer Vorgesetzten - einer der drei Angeklagten - dazu aufgefordert worden zu sein. Die Chefin habe gesagt, sie habe das Fahrzeug geprüft und es sei in Ordnung. In der Anklage wird das als „Anstiftung zur Falschbeurkundung“ zur Last gelegt. Die Angeklagte bestreitet den Vorwurf.

Eine frühere Mitarbeiterin der Ermittlungsgruppe „HD-04“ - so waren die gelben Kurzzeitkennzeichen beschriftet, die in den Jahren zwischen 2008 und 2014 massenhaft im gesamten Bundesgebiet auftauchten - erzählte, dass sie in Altpapierbehältern in der Zulassungsstelle Wiesloch des Landratsamtes des Rhein-Neckar-Kreises stapelweise Listen gefunden hatte, die die Geschäfte mit dem Angeklagten und den ihm offenbar nahestehenden Zulassungsdiensten zuzuordnen waren.

Dabei seien Namen aufgefallen, die mehrfach gelistet waren und zum Beispiel zu einem Autohaus im südlichen Rhein-Neckar-Kreis führten. Ein enger Vertrauter des Angeklagten, der selbst einen Zulassungsdienst leitete, soll ebenfalls dort genannt worden sein.  „Ich habe die Hersteller dieser Fahrzeuge  angeschrieben, und erfahren, an wen es weiterverkauft wurde. Das waren meist Autohäuser im Ausland.“ Dabei verfolgten die Ermittler die Wege der Fahrzeuge etwa über Belgien und Polen oder  die Türkei, quer durch Europa. „Die Fahrzeuge wurden immer als Neufahrzeuge verkauft, manche mit einem sogenannten Leerbrief“,  berichtet die Ermittlerin. In Wiesloch seien aus diesen Fahrzeugen plötzlich Gebrauchtwagen geworden: „Einen Nachweis über eine Erstzulassung im Ausland haben wir aber nicht gefunden.“ Auch eidesstattliche Versicherungen, die den Verlust der Papiere dokumentiert hätten, fehlten aus ihrer Sicht. In Deutschland eigentlich nicht mehr verkäuflich, wurden diese Fahrzeuge auf diese Weise möglicherweise „sauber“.

Recherchiert hatte die Beamtin auch zum Gebührensystem: Illegalerweise waren dem Unternehmer die Gebühren für die Genehmigung der Kurzzeitkennzeichen halbiert worden. An seine Kunden - Zulassungsdienste im gesamten Bundesgebiet - soll er diesen Schnäppchenpreis indes nicht weitergegeben haben.

Der Prozess vor dem Mannheimer Landgericht wird fortgesetzt, es sind bereits Verhandlungstermine bis Oktober angesetzt. Jahrelang war in dem Komplex ermittelt worden, die Unterlagen füllen inzwischen mehrere hundert Aktenordner. Allein die Listen, die die nun angehörte Beamtin im Altpapier sicherte, hätten rund 300 Seiten gefüllt.

Redaktion Redakteurin Metropolregion/Heidelberg

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