Bad Dürkheim. Für die rund 20 000 Einwohner zählende Kurstadt Bad Dürkheim ist der Bau einer eigenen Therme ein Jahrhundertprojekt. Immer wieder gab es Anläufe, Investoren aus der Branche zu gewinnen. In den 2010er Jahren war man in den Verhandlungen mit dem österreichischen Spa- und Wellness-Pionier Heinz Schletterer schon relativ weit fortgeschritten, als die vorgesehene Kreditbank einen Rückzieher machte.
Von einem 30-Millionen-Projekt war seinerzeit die Rede. Elf Millionen Euro hatte das Land Rheinland-Pfalz der Stadt schon damals als Finanzierungshilfe zugesagt. Heute treibt die Verwaltung den Bau alleine voran.
Seit dem Spatenstich 2021 mussten viele Hindernisse umschifft werden. Inzwischen ist hinter vorgehaltener Hand nicht mehr von den vom Stadtrat ursprünglich genehmigten 35 Millionen Euro die Rede, die die Therme kostet, sondern von 40 Millionen Euro. Die Stadt räumt das auf auch ein. Das sind die Antworten von Bürgermeister Christoph Glogger und Stadtwerke Chef Peter Kistenmacher auf unsere wichtigsten Fragen.
Ist es richtig, dass bei Fertigstellung die Summe von 40 Millionen Euro überschritten ist?
Die letzte große Corona-Welle im Winter 2021/2022 und die nachfolgenden Lieferengpässe durch den Ukraine-Krieg haben erhebliche Verzögerungen auf der Baustelle verursacht. Das führte dazu, dass die gestiegene Inflation sich auf die noch auszuführenden Gewerke auswirkt und zu Kostensteigerungen führt.
Das ursprünglich geplante Budget von 35 Millionen Euro kann sicher nicht mehr eingehalten werden. Eine belastbare Hochrechnung wird voraussichtlich erst im Herbst möglich sein, wenn die Verhandlungen mit den beauftragten Firmen abgeschlossen und weitere Ausschreibungen durchgeführt sind.
Wann ist nach jetzigem Stand mit einer Eröffnung zu rechnen?
Im Oktober wird ein voraussichtlicher Termin für die Eröffnung im Jahr 2024 genannt werden können.
In welcher Bauphase befindet sich das Projekt gerade - und welche Hindernisse haben sich aufgetan?
Der Rohbau soll bis zum Jahresende abgeschlossen werden. Weitere Gewerke wie Dachabdichtung, Glasfassaden, Wassertechnik, Lüftung, Elektrotechnik et cetera. sind bereits seit Längerem parallel am Werk. Es handelt sich um ein sehr komplexes Bauwerk mit sehr vielen Details, die bereits im Rohbau zu berücksichtigen sind.
Die Bewehrungen und die Schalungen sind handwerklich sehr anspruchsvoll und erfordern großes fachliches Können der beteiligten Firmen. Hinzu kommt die umfangreiche Technik, die die zukünftigen Thermengäste nicht wahrnehmen werden, die jedoch ein Großteil des Kostenaufwands darstellt. Fast jedes Becken benötigt einen eigenen Wasserkreislauf mit entsprechender Filtertechnik. Besonders herausfordernd für die eingesetzten Materialien und Pumpen sind hierbei die salzhaltigen Thermenwässer bis hin zum extra hoch salzhaltigen Wasser des Soleschwebebeckens. Auch die Elektroverteilung ist eine große planerische Aufgabe.
Nicht nur im Technikbereich benötigen die vielen Aggregate der Wassertechnik und Lüftung eine Stromversorgung, auch im Thermenbereich wird Strom für die Beleuchtung, für die Gastronomie, für die Saunaanlagen, den Wellnessbereich und für weitere Attraktionen benötigt.
Mit welchen Besucherzahlen rechnet die Stadt pro Jahr?
Die Planung geht von 440 000 Besuchern pro Jahr aus. Bisher hatte das Freizeitbad Salinarium vor Corona im Schnitt etwa 340 000 Besucher.
Was kann man konkret zu zukünftigen Eintrittspreisen sagen?
Es wird drei Tarifbereiche geben: das Freizeitbad, die Therme und den Saunabereich. In einem Thermeneintritt ist das Freizeitbad enthalten, der Saunaeintritt ermöglicht die Nutzung aller Bereiche. Selbstverständlich ist durch das eingesetzte Chip-System eine einfache Aufbuchung möglich, so dass jederzeit etwa vom Freizeitbad zur Therme gewechselt werden kann. Die Höhe der Eintrittspreise steht noch nicht fest, das hängt von der künftigen Kostenentwicklung wie etwa von Energiepreisen ab. Hier wird es detaillierte Informationen im Laufe des kommenden Jahres geben.
Wie viele Besucher bräuchte die Therme, um kostendeckend betrieben werden zu können?
Das hängt vor allem von den Eintrittspreisen ab. Hinzu kommen Erlöse aus der Gastronomie und dem Wellnessbereich. Auf der anderen Seite stehen die Kosten für Energie, Instandhaltung und Personal. Mit den geplanten Zahlen (und entsprechend dem Gutachten der Firma Kannewischer) wird die neue Therme im operativen Betrieb einen Deckungsbeitrag von 300 000 bis 400 000 Euro erwirtschaften, also eine positives Ergebnis beitragen und damit einen Teil des Defizits aus dem Freizeitbad ausgleichen.
Was sagen die Gutachten über den Einzugsbereich der Therme aus?
Bei den Tagesgästen wird der Großteil der Besucher aus einem Umkreis von etwa 30 Minuten Fahrzeit erwartet, darin sind dann auch die Städte Mannheim, Ludwigshafen und Kaiserslautern enthalten. Ein großes Potenzial wird auch bei den Übernachtungsgästen gesehen, für welche die Therme zukünftig einen weiteren Höhepunkt - neben dem Wein, der Gastronomie und der schönen Lage am Pfälzer Wald - in Bad Dürkheim darstellt.
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