Rhein-Neckar. Frau Felder, wir haben kürzlich über eine Autobahnbrücke in der Region auf rheinland-pfälzischer Seite berichtet, die aus dem Jahr 1938 stammt, abgerissen und neu gebaut werden muss. Das ist nicht die einzige. Als Regierungspräsidentin sind Sie für Autobahnbrücken nicht mehr zuständig. Darüber sind Sie ganz froh, oder?
Sylvia Felder : Teils, teils. Auf der einen Seite haben wir mit den Brücken, für die wir zuständig sind, wirklich alle Hände voll zu tun und müssen uns um die Autobahnbrücken nicht auch noch kümmern. Auf der anderen Seite sind nun eben auch viele Mitarbeitende zur Autobahngesellschaft gewechselt und nicht mehr bei uns. Die haben bei uns nicht nur Autobahnbrücken betreut, weshalb da durchaus Wissen verloren gegangen ist. Insofern gibt es positive und negative Dinge mit dem Wechsel der Zuständigkeiten. Kurios ist aber, dass die öffentliche Kritik an langen Bauzeiten auf Autobahnen meiner Wahrnehmung nach zurückgegangen ist, nachdem die Zuständigkeit von den Regierungspräsidien, bei denen man immer einen festen Ansprechpartner als Kopf der Behörde hatte, zur Autobahngesellschaft übergegangen ist. Die ist etwas unbekannter.
Dafür brauchen Sie jetzt das Mammutprojekt Umbau des Walldorfer Kreuzes nicht mehr zu betreuen.
Felder : In der Debatte wird vergessen, dass das Walldorfer Kreuz nicht nur die Autobahn ist, sondern auch alles drumherum beinhaltet. Dafür sind dann wieder wir zuständig. Es wäre an der einen oder anderen Stelle vielleicht besser, wenn man alles in einer Hand gelassen und dadurch weniger Abstimmungsbedarf mit anderen Behörden hätte.
Heißt das, dass Sie die Ausgliederung der Autobahnbrücken in die Autobahn GmbH insgesamt als Nachteil sehen?
Felder : Wir müssen mit den Gegebenheiten zurechtkommen. Ich sehe aber das Prinzip der Regierungspräsidien als Bündelungsbehörde generell als einen großen Vorteil an. Dass wir zum Beispiel gerade bei den Straßenplanungen, für die wir zuständig sind, auch die Themen Umweltplanung, Artenschutz oder Wasserschutz gebündelt bearbeiten können und das nicht mit zwei, drei anderen Behörden abstimmen müssen, ist für die Effizienz von großem Vorteil. Das bekommt man mit keiner anderen Strukturform so hin. Die Abstimmung zwischen einzelnen Bereichen bleibt bei uns im Haus.
Leiterin des Regierungspräsidiums Karlsruhe
- Sylvia Felder wurde im Februar 1967 in Gernsbach im Landkreis Rastatt geboren. Seit April 2019 ist die CDU-Politikerin Präsidentin des Regierungsbezirks Karlsruhe .
- Felder studierte in Tübingen Jura und arbeitete anschließend als Rechtsanwältin.
- Der Regierungsbezirk Karlsruhe ist neben Freiburg, Stuttgart und Tübingen einer von insgesamt vier Regierungsbezirken in Baden-Württemberg . Er umfasst den Nordwesten des Landes und dort unter anderem die Städte Mannheim, Heidelberg und den Verwaltungssitz Karlsruhe.
- Als Mittelbehörde eines Landes steht das Regierungspräsidium zwischen den Ministerien und den Kommunen. seko
Sie haben 1800 Mitarbeitende. Die müssen sich auch alle erst einmal abstimmen.
Felder : Die 1800 Menschen brauchen wir aber auch. Wenn ich weiß, dass ein kleines Landratsamt bereits 1300 Mitarbeitende beschäftigt, sind wir sehr sparsam unterwegs. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Thematiken, mit denen wir uns beschäftigen, große Brocken sind und eine intensive Betreuung erfordern. Denken Sie an den Mannheimer Rheindamm. Ich glaube, die Tiefe, in der unsere Fachleute in diesen Themen drin sind, ist enorm, weil wir ein Miteinander haben – nicht nur als Bündelungsbehörde, sondern auch als Mittelbehörde zwischen den unteren Behörden, aber auch mit den Ministerien.
Das hört sich aber schon nach einer Menge Bürokratie an – die ja eigentlich abgebaut werden soll. Gleichzeitig bedeutet der Abbau von Bürokratie ja aber auch, dass Regelungen abgeschafft werden, die irgendjemand mal für so wichtig gehalten hat, dass es sie gibt. Bürokratieabbau ist also schnell gefordert, aber schwer umgesetzt. Wo sehen Sie Möglichkeiten, in Ihrer Behörde Bürokratie abzubauen?
Felder : Sie liegen richtig, dass Bürokratie meistens auch ein Schutzmechanismus ist. Trotzdem lässt sich nicht bestreiten, dass Bürokratie Abläufe erschwert. Wir müssen schauen, wo wir es uns leisten können, gesetzliche Vorschriften herunterzufahren. Schauen Sie sich die Straßenbauplanung an, in der wir in den vergangenen Jahren ständig neue Vorschriften haben berücksichtigen müssen. Die sind aber oft zugunsten von Anwohnenden erfolgt, wenn man beispielsweise an Lärmschutzrichtlinien denkt. Gleichzeitig bedeutet das, dass wir im Zweifel ein paar Monate verlieren, weil es noch ein überarbeitetes Lärmschutzgutachten braucht. Ich will sagen: Bürokratie hat ihren Sinn, verlangsamt Prozesse aber auch. Als Regierungspräsidien können wir Bürokratie nicht abbauen. Das muss der Gesetzgeber erledigen. Dabei muss aber klar sein, dass dies dann im Zweifel auch weniger Schutz für Menschen, Tiere oder Natur bedeutet.
Aber als Regierungspräsidentin haben Sie aber doch auch die Möglichkeit, den Gesetzgeber auf unsinnige oder überflüssige Vorschriften hinzuweisen.
Felder : Das machen wir auch. Die Frage ist, ob der Gesetzgeber das dann auch umsetzen will. Es gibt in der jüngsten Vergangenheit Beispiele, in denen Bürokratie abgebaut worden ist, zum Beispiel beim Thema Windenergie. Da wurden Erleichterungen geschaffen. Das ist aber eben damit einhergegangen, dass wir nicht alles detailliert geprüft haben, was wir davor vielleicht geprüft hätten. Der Abbau von Bürokratie hat mehr als nur eine Dimension.
Lassen Sie uns zu den Brücken kommen, für die das RP zuständig ist. Einige davon sind – wie es fachlich korrekt heißt – spannungsriss-korrosions-gefährdet. Wie ist der Zustand der Brücken im Rhein-Neckar-Kreis?
Felder : Wir sprechen im Kreis von sechs dieser Brücken, die alle in einem Zustand sind, dass sie schnellstmöglich erneuert werden müssen. Die Brücken werden regelmäßig überwacht und sind auch regelmäßig gewartet worden. Nachdem die Carola-Brücke in Dresden eingestürzt ist, haben wir die Sicherheitsstufe aber noch einmal erhöht. Wir werden diese Brücken in naher Zukunft alle erneuern müssen. Daran führt kein Weg vorbei. Mit einem Ersatzneubau für die Elsenzbrücke auf der B 45 in Meckesheim beginnen wir 2026/27 diese Sanierungsreihe.
Welche weiteren Brücken müssen danach neu gebaut werden?
Felder : Das sind vier Brücken auf der B 292 bei Sinsheim, eine davon überführt die B 45. Außerdem ist es noch eine Wirtschaftswegbrücke über die B 292.
Kann so etwas wie in Dresden auch bei uns passieren?
Felder : In Dresden ist vieles zusammengekommen. Eine Brücke, die vom Bauwerk her der Carola-Brücke gleicht, haben wir nicht. Wir haben zwar Brücken, in denen spannungsriss-korrosions-gefährdetes Material verbaut worden ist. In Dresden sind aber noch andere Sachen dazugekommen. Von daher darf man bei uns etwas Entwarnung geben. Trotzdem müssen wir unsere Brücken schonen. Dafür haben wir mit Regelungen zum Beispiel den genehmigungspflichtigen Schwerlastverkehr bei mehr als 44 Tonnen Gesamtgewicht limitiert oder den Abstand zwischen den Fahrzeugen, die über die Brücken fahren, vergrößert.
Verbote und Regelungen müssen aber auch kontrolliert werden. Wir kennen diese Regelungen von den Brücken zwischen Mannheim und Ludwigshafen, auf denen ebenfalls Abstandsgebot und Überholverbot gelten. Letztlich fehlen Kommunen aber doch Mittel und Ressourcen, um das zu kontrollieren. Davon haben wir uns selbst ein Bild gemacht, als wir den Verkehr mal eine halbe Stunde beobachtet haben. Kaum ein Lkw-Fahrer hält sich an das Tempolimit. Letztlich sind die Regelungen doch nur Appelle an Lkw-Fahrer und keine wirklichen Verbote.
Felder : Man muss auch an die Vernunft aller Verkehrsteilnehmer appellieren. Das ist richtig.
Viel wird auch über die neue Bahnstrecke Mannheim – Karlsruhe diskutiert. Da gibt es verschiedene Planungsvarianten, unter anderem eine Untertunnelung von Mannheim, eine Verlegung des Fahrlachtunnels zugunsten dieser Untertunnelung oder auch eine Rheinquerung, wie auch immer. Wie ist der Stand der Planungen?
Felder : Das Vorverfahren liegt noch bei der Bahn. Als Regierungspräsidium werden wir erst ab der Antragstellung für die Raumverträglichkeitsprüfung zuständigkeitshalber involviert. Die Prüfung war mal für 2023 angedacht, inzwischen gehen wir von einer Antragstellung frühestens Ende dieses Jahres aus. Die Bahn will die Zugzahlenprognose für 2040 abwarten, damit man besser einschätzen kann, was auf einen zukommt. Wir kennen derzeit die Zugzahlenprognose 2030 und gehen davon aus, dass die Zahl der Güterzüge steigen wird. Die Zugzahlenprognose ist Aufgabe des Bundesverkehrsministeriums. Wir, beziehungsweise die Bahn, müssen abwarten. Dann wird die Bahn hoffentlich zeitnah mit einer konkreten Antragsvariante auf uns zukommen.
Es existieren acht Varianten. Das Thema hat eine hohe Relevanz, weil es den gesamten Schienenverkehr in der Region beeinflussen wird. Nervt es Sie, dass das Verfahren so lange dauert?
Felder : Das Thema ist sensibel, weil es alle Anliegenden und Gemeinden drumherum betrifft. Außerdem müssen Fragen nach Lärm und den Auswirkungen auf die Umwelt geklärt werden. Als RP sind wir beim derzeitigen Stand der Planungen aber eben noch nicht zuständig und nur in Begleitkreisen dabei. Das heißt, wir hören zu und werden konkret gefordert sein, wenn die Raumverträglichkeitsprüfung ansteht.
Bei der Carola-Brücke ist vieles zusammengekommen. Vergleichbare Bauwerke haben wir nicht. Von daher darf man bei uns etwas Entwarnung geben.
Welche der Varianten würden Sie als Regierungspräsidentin bevorzugen?
Felder : Das kann ich nicht beurteilen. Als RP werden wir nicht zwischen mehreren Varianten entscheiden, sondern voraussichtlich nur eine vorgelegt bekommen. Dann müssen wir in der Raumverträglichkeitsprüfung entscheiden, ob diese grundsätzlich raumverträglich – das heißt, mit den fachlich betroffenen Belangen in der Raumschaft – vereinbar ist. Im Anschluss folgen dann mehrere Planfeststellungsverfahren, die aber auch wieder durch die Bahn zu beantragen und durch das Eisenbahnbundesamt zu entscheiden sind.
Aber Sie sind doch jetzt schon am Rande – als Hörende – involviert. Da können Sie doch schon Hinweise geben, was definitiv nicht umsetzbar ist oder bei welcher Variante es zumindest Probleme geben könnte, zum Beispiel weil der Fahrlachtunnel verlegt werden müsste.
Felder : Für solche möglichen Einwände sorgen jetzt schon diejenigen, die aktiv an dem Projekt arbeiten. In diese Stellen sollten wir Vertrauen haben. Als Raumordnungsbehörde haben wir eine neutrale Position, in der es nicht geboten wäre, derart in den Planungsprozess einzugreifen. Indem wir jetzt aber schon als Hörende beteiligt sind, können wir uns besser auf die Raumverträglichkeitsprüfung vorbereiten, indem wir wissen, worauf wir zu achten haben, um die Prüfung effizient zu gestalten. Insgesamt sind wir aber die neutrale Behörde.
Wann rechnen Sie mit einem konkreten Vorschlag zur Prüfung?
Felder : Wir gehen davon aus, dass die Zugzahlenprognose erst Ende 2025 erscheint. Von daher gehe ich derzeit davon aus, dass es einen konkreten Vorschlag nicht vor Ende 2025 geben wird.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-kann-auch-in-der-rhein-neckar-region-eine-bruecke-einbrechen-frau-regierungspraesidenti-_arid,2297710.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-marode-bruecke-auf-der-a6-bei-frankenthal-wird-ersetzt-_arid,2291507.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/metropolregion_artikel,-metropolregion-dauerstau-auf-a-6-zwischen-walldorf-und-wiesloch-startet-sanierung-_arid,2226099.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[4] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-bahnprojekt-mannheim-karlsruhe-wie-wahrscheinlich-ist-ein-tunnel-_arid,2204974.html