Heidelberg/Berlin. Logisch, dass Malte Kaufmann als Stürmer des FC Bundestag und als AfD-Politiker auch mal auf der Rechtsaußen-Position zu finden war. Er vergisst das jedenfalls nicht zu erwähnen. Zuletzt durfte der Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Heidelberg in der Fußballmannschaft der Parlamentarier aber nicht mehr mitkicken. Abgeordnete aus verschiedenen Fraktionen des Bundestags begründeten ihre Ablehnung mit der Politik, die die Partei des 48-Jährigen verfolge.
Insbesondere nach der Affäre um die Beteiligung der AfD am Treffen von Rechtsextremisten in Potsdam im November 2023 waren viele nicht mehr bereit, mit Kaufmann zu kicken. Zum Thema wurde gar das gemeinsame Duschen mit den AfD-Abgeordneten. Mahmut Özdemir, Kapitän der Mannschaft und SPD-Abgeordneter, sagte damals: „Unser Signal ist eindeutig, dass wir im FC Bundestag keine Mitglieder dulden, die als Mitglieder der AfD das Paktieren mit dem Rechtsextremismus vollziehen oder zumindest billigend in Kauf nehmen.“
Unser Signal ist eindeutig, dass wir im FC Bundestag keine Mitglieder dulden, die als Mitglieder der AfD das Paktieren mit dem Rechtsextremismus vollziehen oder zumindest billigend in Kauf nehmen.
Etwa ein Jahr ist der Mehrheitsbeschluss der Vollversammlung des FC Bundestag e.V. her. Neben Malte Kaufmann wurden auch Jörn König sowie zwei weitere AfD-Mitglieder vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Dagegen klagten die Rausgeworfenen vor dem Berliner Landgericht. Und: Sie bekamen vor einigen Tagen recht, auch wenn eine Revision nach wie vor möglich ist. Nach Meinung des Gerichts könne jedes aktive oder ehemalige Mitglied des Bundestags Mitglied beim FC Bundestag werden. Dies könne nur durch eine Satzungsänderung geändert werden.
Der FC Bundestag und die neue Dynamik nach der Debatte um „Remigration“
„Selbstverständlich“, sagt Malte Kaufmann gegenüber dieser Redaktion auf die Frage, ob er sich über die Entscheidung des Landgerichts freue. Die Stimmung im Team des FC Bundestag beschreibt er als sehr kollegial und teamorientiert. „Es war nie ein Problem“, so Kaufmann. Eben bis Mannschaftskapitän Mahmut Özdemir besagte Vollversammlung gegen die AfD-Mannschaftskameraden entscheiden ließ. Hat Kaufmann die Abneigung gegen seine Position nicht vorher schon gespürt?
Während der Sitzungswoche rollt der Ball immer am Dienstagabend im Berliner Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark. Der bei der Wahl im Februar aus dem Bundestag ausgeschiedene Ludwigshafener SPD-Abgeordnete Christian Schreider war ebenfalls Teil der Mannschaft. Er sagt im Rückblick, dass er die Entscheidung, die AfD vom Spielbetrieb auszuschließen, insgesamt richtig fand. Nach Potsdam und der Diskussion um den Begriff „Remigration“ habe es eine neue Dynamik im Umgang mit der AfD gegeben.
Auf immerhin 22 Spiele brachte es die Truppe zwischen 24. März und Mitte November im vergangenen Jahr. Die meisten Spiele gingen verloren. Unter anderem das Match gegen ein Team, das den Namen „Fußballvereine gegen Rechts“ trug. 0:6 unterlag der FC Bundestag gegen diese Mannschaft und natürlich hätte der Name der gegnerischen Elf eine doppelte Bedeutung gehabt, hätten in der Mannschaft des FC Bundestag AfD-Kicker gestanden. Bei einem möglichen Rückspiel könnte dies der Fall sein. Die AfD feierte die Rückkehr in den FC Bundestag auf ihrer Homepage mit einer eigenen Pressemitteilung.
„Das Urteil des Landgerichts Berlin ist ein großer Erfolg für die Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit. Das Gericht hat deutlich gemacht, dass der Fußballverein des Bundestages Mitglieder nicht willkürlich (...) ausschließen darf. Das Vorgehen (...) stand im krassen Widerspruch zur Idee des Fußballs als Mannschaftssportart, die über alle politischen Unterschiede hinweg Menschen zusammenbringen soll und für Zusammenhalt, Fairness, Respekt und Freude steht.“
AfD spricht von Zusammenhalt, Respekt und Fairness
Von Fairness, Zusammenhalt, Respekt und Freude ist da die Rede. Klingt das nicht fast nach Regenbogen? Sind das nicht die Tugenden, die vor allem Kaufmanns Partei, aber auch die anderen Fraktionen in den Auseinandersetzungen im Bundestag mitunter vermissen lassen? Ist der Ton in der Debatte nicht vor allem von AfD-Leuten wie dem Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland („Wir werden sie jagen“) oder Rechtsaußen Björn Höcke („Denkmal der Schande“) in den vergangenen Jahren deutlich verschärft worden?
Er beteilige sich nicht daran und spreche in seinen Bundestagsreden eher zur Sache, argumentiert Malte Kaufmann. In der Tat gehört er rhetorisch nicht zu den Hardlinern in seiner Partei. Dennoch passen Handlungsweisen ins Muster. Als rund um einen Heidelberger Wahlkampfstand der AfD im Februar die sogenannten Abschiebetickets auftauchten, da will er davon keine Notiz genommen haben.
Ob es Kaufmann und König tatsächlich wieder ins Team schaffen, hängt auch davon ab, ob es eine Satzungsänderung beim FC Bundestag geben wird. Eine Anfrage im Berliner Büro des Noch-Kapitäns Mahmut Özdemir brachte keine Neuigkeiten. Nachdem die CDU nun stärkste Fraktion im Bundestag ist, wechselt demnächst die Kapitänsbinde dorthin. Und wieder stellt sich die Frage nach der Brandmauer.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Fußball ist kein politisches Instrument