Der Artikel im „Mannheimer Morgen“ hat bei Charlotte Pauli lebhafte Erinnerungen geweckt. An den Tag, als eine gewaltige Gasexplosion auf dem BASF-Werksgelände in Ludwigshafen die Region erschütterte. Als die massive Druckwelle auch in weiter Entfernung noch Scheunentore aus den Angeln sprengte. Als 207 Menschen ihr Leben ließen und Tausende weitere verletzt wurden. An den 28. Juli 1948.
Glasdach stürzt ins Herschelbad
Die Mannheimerin Charlotte Pauli ist an diesem Tag mit ihrer jüngeren Schwester im Herschelbad schwimmen. Der Vater arbeitet damals im Maschinenamt im selben Gebäude, die Kinder sind also häufig gesehene Gäste in der Freizeitanlage. „Wir waren im Becken, als es plötzlich einen Riesenknall getan hat“, berichtet die heute 88-Jährige. Durch die Druckwelle der Detonation auf der anderen Rheinseite sei das Glasdach des Bades zu Bruch gegangen und heruntergefallen. „Etwa einen Viertelmeter von mir entfernt ist eine Glasscheibe ins Wasser gestürzt, sie hätte mich fast erwischt“, erinnert sich Pauli. So schnell es ging, sei sie mit ihrer damals acht Jahre alten Schwester aus dem Becken gehastet. Der Vater sei heruntergekommen. „Wir waren zu jung, um zu kapieren, was da vor sich geht. Mein Vater hat aber gesagt, dass das bestimmt von der Anilin kommen müsse“, sagt die Seniorin, die seit vielen Jahren in Seckenheim lebt.
Bedrohliche Geräusche
Auf dem Heimweg über die Neckarbrücke habe man die massive Rauchwolke über der BASF aufsteigen sehen. „Der Anblick geht bis heute nicht an mir vorbei“, sagt Pauli. Immer wieder seien bedrohliche Geräusche von den weiteren Detonationen an die Ohren gedrungen. „Solange ich lebe, werde ich diesen Tag nicht mehr vergessen“, berichtet die 88-Jährige. So ist es auch bei Manfred Herbold, der am 28. Juli 1948 an der Reling an einem der Flussbäder im Lindenhof steht und flussabwärts blickt. „Plötzlich sah ich eine riesige Stichflamme mit unmittelbarer Detonation und anschließend eine schwarze Rauchwolke“, schreibt er dieser Redaktion. Durch Zufall sei er damals Augenzeuge geworden.
Dass die Geschehnisse aus dem Jahr 1948 nicht in Vergessenheit geraten, dafür sorgt auch das Unternehmen mit seiner Erinnerungskultur. Gemeinsam mit der Stadt hat die BASF am Freitag auf dem Hauptfriedhof und auf dem Friesenheimer Friedhof der Opfer der Gasexplosion vor 75 Jahren gedacht. Zudem wurde an ein nahezu identisches Unglück fünf Jahre zuvor erinnert, bei dem 64 Menschen starben. Beide Male war auf dem Werksgelände ein mit Flüssiggas befüllter Kesselwagen aufgerissen, woraufhin der Inhalt entwich und sich entzündete.
Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) und BASF-Standortleiterin Melanie Maas-Brunner legten am Freitag Kränze an den Gedenkstätten nieder und hielten kurze Ansprachen.
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