Deidesheim. "Gründlich arbeiten" lautet die Anweisung von Kerstin Bauer - und sofort senkt Spürhündin Lea den Kopf, weitet die Nasenlöcher und schnüffelt, was das Zeug hält. Kein Holzfass und keine Flasche im Keller des Weinguts Von Winning bleibt unbeschnuppert. Die Hündin wedelt munter mit dem Schwanz und konzentriert sich auf ihr Tun. Plötzlich steigt die Aufregung. Laut beginnt Lea zu bellen, um auf ihren Erfolg aufmerksam zu machen.
Die Spürhündin, die eigentlich Laetitia von Ruppertsberg heißt, hat ihren Arbeitsplatz in Weinkellern. Die bald dreijährige Magyar-Vizsla-Hündin gilt deutschlandweit als einzige Spürhündin, die Trichloranisol erschnüffeln kann. Der Stoff ist verantwortlich für den unliebsamen Korkgeschmack im Wein. Beim heutigen Einsatz ist es jedoch lediglich eine versteckte Probe, die Lea ausfindig gemacht hat. Denn: Sie muss im Training bleiben.
Trichloranisol, auch bekannt als TCA oder Korkschmecker, ist eine chemische Verbindung, die oft als Ursache für unangenehmen korkigen Beigeschmack in Wein verantwortlich ist. Durch ihren ausgeprägten Geruchssinn ist Lea in der Lage, selbst winzigste Mengen dieses Stoffs aufzuspüren. Leas Besitzer, das Ehepaar Bauer aus Deidesheim, hat viel Zeit und Geld in die Ausbildung seiner Hündin gesteckt. Wobei es ihnen zunächst hauptsächlich darum ging, einen sinnvollen Zeitvertreib für den quirligen Welpen zu finden.
Ernst Büscher, Sprecher des Deutschen Weininstituts (DWI) in Bodenheim, meint, der Einsatz von Hunden zum Aufspüren von Trichloranisol in Weingütern sei für einzelne Betriebe sicherlich eine tolle Sache. "Korken werden heute großtechnisch bereits im Laufe des Herstellungsprozesses in Laboren auf das Vorkommen dieser Substanz untersucht", betont er.
Kerstin Bauer sagt im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur: "Die Rasse braucht Beschäftigung, wir gehen aber nicht auf die Jagd." In einer Hundeschule in Bad Dürkheim begann die Ausbildung zur Spürhündin, bei der nicht nur das Tier, sondern auch der Mensch noch einiges lernte. "Ich muss ihre Signale lesen können", sagt Bauer. Manchmal sind Leas Reaktionen, wenn sie den Korkschmecker findet, minimal und leicht zu übersehen. "Sie bellt nicht immer lautstark, sondern dreht vielleicht im Vorbeigehen nur kurz den Kopf."
Zudem reicht schon ein Windhauch aus, um den TCA-Geruch im Weinkeller zu verwehen. Leas sensible Spürnase könnte ihn dann an einer falschen Stelle wahrnehmen. Alles auf Anfang, heißt es in diesem Fall. Und natürlich ist die intensive Nasenarbeit auch für den Vierbeiner - bei aller Freude - sehr anstrengend. Spätestens nach 30 Minuten ist Schluss.
Das Ehepaar Bauer hat ein Weinberatungsunternehmen in Deidesheim und konnte deshalb seine Hündin gut ins Alltagsgeschäft integrieren. Dazu war früh klar, dass sie für die Ausbildung zur TCA-Spürhündin ein gewisses Talent mitbringt. "Sie ist ja schon auf einem Weingut geboren, vielleicht kommt das daher", sagt Kerstin Bauer und schmunzelt. Bei den Weingütern in der Pfalz, in denen Lea im Einsatz ist, ist sie eine beliebte "Mitarbeiterin".
Und durch ihre Fähigkeit, den Korkschmecker in den Weinkellern frühzeitig zu identifizieren, ist es den Winzern und Winzerinnen möglich, rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen und die Qualität ihrer Weine zu sichern. "TCA ist nicht zwingend immer in den Fässern. Es kann auch Schläuche oder andere Teile verunreinigen", betont Kerstin Bauer. "Die kann man dann reinigen oder ersetzen."
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