Metropolregion

20 Jahre Metropolregion: Feierstimmung und kritische Töne im Rosengarten Mannheim

Lob von zwei Ministerpräsidenten, während einer trotz Zusage fehlt, und kritische Anmerkungen eines Wirtschaftswissenschaftlers: So war der 20. Geburtstag der Metropolregion.

Von 
Peter W. Ragge
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Podiumsdiskussion zu 20 Jahre Metropolregion Rhein-Neckar im Mannheimer Rosengarten: Landrat Stefan Dallinger, Innenminister Michael Ebling (Rheinland-Pfalz), Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Baden-Württemberg), Moderatorin Daniela Bublitz, Ministerpräsident Boris Rhein (Hessen) und Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender des Vereins Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar. © FOTOGRAF KLAUS LANDRY

Rhein-Neckar. „Es ist ein wahrer Schatz“ nennt Stefan Dallinger, Vorsitzender vom Verband Region Rhein-Neckar, das Papier. Auf sechs Seiten haben die Landesregierungen von Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz der Metropolregion Rhein-Neckar versichert, dass sie ihre länderübergreifenden Zusammenarbeit weiter stärken wollen. Die Unterzeichnung ist der Höhepunkt des Festakts, mit dem die Metropolregion im Mannheimer Rosengarten ihr 20-jähriges Bestehen feiert. Damit hätten sie „den Schwur erneuert“, mit dem die Länder vor 20 Jahren per Staatsvertrag die Region mit besonderen Rechten ausgestattet hatten, sagt Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender vom Verein Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar, zufrieden.

„Familientreffen“ nennt Kabarettist Arnim Töpel den Abend, den er mit Daniela Bublitz moderiert. Den Auswärtigen unter den mehr als 600 Gästen versucht Töpel mit humorvollen Dialektbeiträgen, das „metropolitanische Lebensgefühl“ nahezubringen. Dagegen schüttet Achim Wambach, Präsident des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) etwas Wasser in den Wein der allseits zufriedenen Festtagsstimmung. Aber viel Beifall erhält auch er – als er nämlich vorrechnet, dass Deutschland seit dem Jahr 2000 um 30 Prozent wohlhabender geworden sei. Die Metropolregion allerdings nur um 20 Prozent, fügt er an.

Präsentieren die neue Kooperationsvereinbarung (v.l.): Landrat Stefan Dallinger, Innenminister Michael Ebling (Rheinland-Pfalz), Ministerpräsident Boris Rhein (Hessen), Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Baden-Württemberg) und Uwe Schroeder-Wildberg, Vorstandsvorsitzender des Vereins Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar. © FOTOGRAF KLAUS LANDRY

Region muss „Relevanz und Sichtbarkeit erhöhen“

Zwar spricht er ausdrücklich von der „Powerregion“, würdigt ihre Spitzenpositionen bei Forschung sowie Patentanmeldungen. Zudem gäbe es Fortschritte bei der länderübergreifende Zusammenarbeit, obwohl die Region bei allen drei Bundesländern eine Randlage habe. Das alles sei „eine super Basis“, lobt Wambach. Aber man dürfe „die Augen nicht davor verschließen“, warnt er, dass die Wirtschaft seit drei Jahren schwächle und es „noch einige Herausforderungen“ gebe. So müsse man eine bessere Verflechtung von Industrie und Wissenschaft schaffen wie die Dekarbonisierung und den demographischen Wandel. „Es ist noch einiges zu tun“, so Wambach.

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Das bezweifeln auch die führenden Köpfe der Metropolregion nicht. Man müsse deren „Relevanz und Sichtbarkeit erhöhen“ und nun „das nächste Kapitel aufschlagen“, sagt Schroeder-Wildberg, MLP-Chef und Repräsentant der Wirtschaft an der Spitze der Metropolregion. Gerade der enge Schulterschluss zwischen Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung sowie das starke gesellschaftliche Engagement mache die Stärke der regionalen Kooperation aus. Doch damit Rhein-Neckar bis 2030 eine der attraktivsten und wettbewerbsfähigsten Regionen in Europa werde, müsse viel mehr passieren.

„Regionalentwicklung ist nie fertig“, argumentiert Dallinger. Aber der Landrat des Rhein-Neckar-Kreises spricht zufrieden von einem „großartigen Geburtstag“. Man habe einen einheitlichen Regionalplan verabschiedet und durch viele Projekte die Region „nachhaltig vorangebracht“. „Mehr Größe erreichen als in der Summe der Einzelteile“ – das sei durch das große gemeinsame Engagement der Verwaltung, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft gelungen. Wenn nun 20 Jahre nach Unterzeichnung des Staatsvertrages zur Gründung der Metropolregion wieder die Ministerpräsidenten nach Mannheim kämen „und das hohe Lied auf die Metropolregion singen, dann ist unser Ziel erreicht“, so Dallinger.

Viele prominente Gäste aus der Region sind gekommen, um den Festakt zu deren 20. Geburtstag zu begehen. © FOTOGRAF KLAUS LANDRY

Allerdings sind von den angekündigten drei Ministerpräsidenten nur zwei da – Sozialdemokrat Alexander Schweitzer (Rheinland-Pfalz) macht trotz Zusage für den Festakt lieber zeitgleich in der Talkshow von Markus Lanz Bundes- und Parteipolitik. Als Vertreter hat er Innenminister Michael Ebling geschickt, der mit Komplimenten nicht geizt. Die Region habe „gezeigt, wie es geht“. Sie sei „ein Quell von Mut und Zuversicht“ und habe sich „als vorausschauender erwiesen als man vor 20 Jahren dachte“, lobt er. In der Zukunft kann er sich mehr „Vermeidung von Doppelstrukturen“ vorstellen, mit weiteren Zusagen hält er sich aber zurück.

Mehr Lob als konkrete Aussagen zur Zukunft kommt auch von den beiden Regierungschefs. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) äußert sich überzeugt, die Metropolregion werde, „wenn es so weiter geht, mit hundertprozentiger Sicherheit zu den bedeutendsten Regionen Europas gehören“. Seit er vor zehn Jahren beim damaligen Geburtstag dabeigewesen sei, „hat sich ja nochmal richtig was getan“, meint er. Als Zukunftsfeld sieht er die Gesundheits- und Lebenswissenschaften, weshalb das Land den Verbund der Universitätsklinika Mannheim und Heidelberg mitgetragen habe. Aber sonst müsse er „schauen, dass sich das Land überall entwickelt“, wehrt er weitere Zusagen für die Region ab.

Dallinger fordert Hilfe beim Mobilitätspakt

Etwas konkreter wird Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). Zunächst schwärmt er zwar ausgiebig von der Lebensqualität der Region, der Genussfreude und den Weinanbaugebieten. Zudem sei es „in außerordentlichem Maße gelungen, über Parteigrenzen und Befindlichkeiten hinweg“ die Zusammenarbeit zu organisieren. Darauf könne man „verdammt stolz sein“. „Was wir noch hinbekommen müssen“, so Rhein, sei eine Sträkung der Wirtschaft und eine bessere Vernetzung mit der Wissenschaft“, regt er eine „Innovationsoffensive“ sowie mehr Investitionen in die Infrastruktur an. Ihm ist auch klar, „dass nur Mobilität Prosperität schafft“ .

Gerade für den Mobilitätspakt der Region fordert Dallinger konkrete Unterstützung ein und lädt die drei Landeskabinette ein, in die Region zu kommen und zu konkreten Fragen „länderübergreifende Antworten zu finden“. In ihrer gemeinsam unterzeichneten Erklärung bekunden die Ländervertreter zumindest ihre Bereitschaft, die Kooperation mit der Metropolregion zu vertiefen – insbesondere in den Themenfeldern der einheitlichen Regionalplanung, der Infrastruktur (Energie, Mobilität und Daten), der Innovation (Health + Life-Science und Bioökonomie), der Arbeit, der Gesundheit und Pflege, der Verwaltung sowie der europäischen Zusammenarbeit. „Das gibt uns schon mal ungeheure Kraft“, kommentiert Schroder-Wildberg die Unterzeichnung.

Redaktion Chefreporter

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