Meinung Zahlen und Hintertüren

Peter W. Ragge zur Sanierung des Nationaltheaters

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Peter W. Ragge
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Ob achselzuckend-frustriert oder verärgert – viele Bürger werden denken: Es ist alles wie immer. Dass öffentliche Bauvorhaben viel teurer werden als angekündigt und die Zeitpläne aus den Fugen geraten, ist man inzwischen gewohnt – leider. Diese Gewohnheit macht die Sache indes keineswegs besser. Der Verdruss bleibt.

Beim Nationaltheater liegt die Sache aber anders. Wer jemals in dem seit 1957 quasi rund um die Uhr genutzten, technisch völlig veralteten, heruntergekommenen Bau war, wundert sich nicht. Oder er hat sich eher gewundert, als im Mai 2018 nur 200 Millionen Euro für eine Generalsanierung genannt wurden. Es war eine politische, von Beginn an nicht korrekte Zahl. Tatsächlich lag die erste Kostenberechnung bei 220 Millionen Euro. Oberbürgermeister Peter Kurz verlange aber eine Deckelung auf 200 Millionen Euro, heißt es schon damals, weil das Projekt dann leichter durchsetzbar sei. Man rechnete einzelne Vorhaben also heraus. So ganz redlich war das nicht.

Wer die Beschlussvorlage für den Gemeinderat genau gelesen hat, entdeckte schon damals viele Hintertürchen, wonach manche Zahl „spekulativ“, nur eine Schätzung oder noch mit Risiken behaftet sei. Schließlich sind bei anderen Theatersanierungen – Frankfurt und Stuttgart – die Kosten um ein Vielfaches explodiert. Mannheimer Politiker sprachen daher stets ausdrücklich von „mindestens“ 200 Millionen.

Nun kostet die Umplanung, wonach der Orchesterprobensaal doch nicht mit einem Glasgebilde auf den Parkplatz kommt, zusätzliches Geld. Das ist aber städtebaulich völlig richtig, denn alles andere hätte die gesamte Szenerie nachhaltig gestört. Zudem ist klar, dass man bei solch einem – damals schnell und billig erstellten – Nachkriegsgebäude noch manche Stelle finden wird, die Mehraufwand verursacht. Die Politik sollte also ehrlich sagen, dass man vor weiteren Überraschungen keineswegs gefeit ist.

Das gilt ebenso für den Zeitplan. Er bleibt aus mehreren Gründen voller Unwägbarkeiten. Weil Ludwigshafen hoch pokert, statt die oft beschworene Zusammenarbeit in der Metropolregion zu praktizieren, ist der Pfalzbau als Ersatzspielstätte weiter unklar. Und da für jedes Lager- und Probengebäude eine enorm zeitraubende europaweite Ausschreibung erforderlich ist, vermag heute noch keiner zu sagen, wann das Theater den Bau in der Goethestraße überhaupt leerräumen kann. Auch das inzwischen viel zu komplizierte Vergaberecht ist nämlich ein Grund, dass nicht nur die Theatersanierung teurer wird und länger dauert.

Redaktion Chefreporter

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