An die 8500 zahlende Gäste beim Mannheimer Sommer – das klingt – gemessenen am immensen materiellen und finanziellen Aufwand der 60 Veranstaltungen mit durchschnittlich 145 Menschen – nicht üppig. Damit gehört das Nationaltheaterfestival noch nach den zuletzt mit mehr coronabedingten Schwierigkeiten stattfindenden Internationalen Schillertagen 2021 (10 000) zu den Minimalfestivals der Region. Selbst die vom SWR magergesparten Schwetzinger Festspiele (zuletzt 12 000) ziehen mehr.
Es sind schwierige Zeiten für die Kultur. Klar. Corona sitzt uns noch im Nacken. Der Ukrainekrieg führt einen psychologischen Krieg im Unterbewusstsein der Gesellschaft. Und außerdem, ja, Zahlen sind nicht alles. Denn das Festival mit der politischen Themensetzung Umwelt, Klima, Aufklärung und Mozart zieht andere Menschen in den Diskursraum Theater, der sich dann aber auch durch die Themendisposition einer Selbstbespiegelung unterziehen muss. Das ist schon mal ein positiver Effekt des von Jan Dvorák verantworteten „Sommers“.
Zwei positive Folgen sollte das Festival zudem haben, um trotz mäßiger Auslastung von 63 Prozent und fehlendem Publikumsrenner bei den bleibenden Eigenproduktionen („The damned and the saved“, „Entführung“ und „Neo Dome I“) erfolgreich dazustehen. Der grüne Leitgedanke sollte etwas in uns bewirken, also das Motto „Lasst uns starten!“ unmittelbar Auswirkungen auf unser Denken und vor allem Handeln haben. Und dann sollte das neue, junge Publikum Blut geleckt haben fürs Theater und, immerhin ist der Mannheimer Sommer ein Festival der Oper, fürs Musiktheater. Und hier stehen noch Fragezeichen. Der übliche Spielplan hat ästhetisch fast nichts mit dem Festival zu tun. Fast alle Brücken, die jungen Leuten gebaut werden, enden jäh am – freilich gerechtfertigten – Opernbühnenalltag.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Was der schöne Mannheimer Sommer nun noch leisten müsste
Bei all den Formaten und Diskursansätzen des Mannheimer Sommers bleibt für Stefan M. Dettlinger am Ende eine Frage.