Kommentar Warum wir weiter erinnern müssen – auch wenn es unbequem ist

Konstantin Groß sieht im Gedenken an die jüdischen Autoren des Heidelberger Liedes ein Beispiel für Erinnerungskultur. Doch die steht zunehmend unter Druck.

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Konstantin Groß
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Heidelberg. Vor 100 Jahren wurde das „Heidelberger Lied“ veröffentlicht. Kaum einer, der „Ich hab‘ mein Herz in Heidelberg verloren“ fröhlich trällert, kennt jedoch die Geschichte hinter der Geschichte. Die beiden menschlichen Schicksale, die dahinter stecken. Denn der Text stammt von zwei jüdischen Autoren.

Der eine, Ernst Neubach, muss vor den Nazis fliehen, der andere, Fritz Löhner-Beda, wird von ihnen ermordet, ebenso wie seine Frau und seine Töchter, 13 und 14 Jahre. Die Monstrosität dessen lässt einen erschaudern.

Zeitgeschichte

Welche dramatische Geschichte hinter dem Heidelberg-Lied steckt

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Darüber hinaus wirft dieses einfache Liedchen ein Licht auf den wichtigen Beitrag jüdischer Künstler zu Deutschlands Kultur- und Gesellschaftsleben, ja auch zu unserem Heimatbewusstsein. Der Jahrestag der Novemberpogrome, als jüdische Menschen 1938 von ihren Landsleuten ausgeplündert, gequält und ermordet wurden, ist ein angemessener Anlass, daran zu erinnern.

Dieses Gedenken, unsere Erinnerungskultur, ist unter Druck.

Doch dieses Gedenken, unsere Erinnerungskultur, als die wir es einst mit Stolz benannt haben, ist leider unter Druck. Die „ZEIT“ berichtet, dass der Forderung nach dem berühmten „Schlussstrich“ in einer Umfrage 26 Prozent „voll und ganz“ zustimmen, weitere 29 Prozent „eher ja als nein“. Muss einen das wundern, wenn eine Partei, die AfD, in Umfragen auf gut 25 Prozent kommt, in deren Bundestagsfraktion ein Abgeordneter sitzt, der sich als „freundliches Gesicht des Nationalsozialismus“ sieht?

Von rechter Gesinnung abgesehen: Unsere Spaßgesellschaft will von Leid verschont werden. Und für heutige Jugendliche ist das Dritte Reich so weit weg wie das Mittelalter. Bei einem Teil der arabisch-migrantischen Community läuft Erinnerungskultur zum Holocaust ohnehin ins Leere.

Doch der gerechtfertigte Verweis von Manchem in der Politik auf diesen „importierten Antisemitismus“ darf nicht dazu dienen, sich selbst zu exkulpieren. Löhner-Beda, seine Familie und die sechs Millionen wurden nicht von Arabern ermordet. Sondern von Deutschen. Auch daran gemahnt das Heidelberger Lied.

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