Mannheim. Kommunale Finanzen erfordern manchmal die extreme Beschleunigung von Projekten und dann wieder Vollbremsungen. Der Biber, der dieser Tage am Mannheimer Neckarufer eine junge Eiche nach allen Regeln der Kunst abgenagt hat, rückte eine solche finanzpolitische Vollbremsung jetzt in den Blick. Schier unglaublich, aber wahr: Dass die Stadt die Arbeiten an dem ökologischen Großprojekt Neckar-Renaturierung bereits seit über einem Jahr nicht wieder aufgenommen hat, ist auch Umweltschützern gar nicht direkt aufgefallen.
Das mag daran liegen, dass solche Arbeiten langsam anlaufen und sich lange Zeit scheinbar nichts tut, bevor dann doch die Bagger anrollen. Schließlich ist unter anderem geplant, im Bereich der Carlo-Schmid-Brücke einen kompletten neuen Seitenarm des Neckars anzulegen. Zudem wurde rund um das alte Fährhaus in Neuostheim durchaus Erdreich bewegt – allerdings im Zusammenhang mit der Einebnung des ehemaligen Campingplatzes dort.
Aber nicht nur deswegen ist der Vorgang peinlich im Quadrat. Dass man Umweltministerin Thekla Walker quasi mit einem 11,5-Millionen-Euro-Scheck aus Stuttgart anreisen lässt und großartig ankündigt, dass es jetzt aber richtig losgeht, dann aber leise, still und heimlich einen Baustopp verfügt – das ist doch keine Art. Zumal Stuttgart hinter den Kulissen bereits signalisiert haben soll, auch die jetzt zur Debatte stehenden Mehrkosten von 2,6 Millionen Euro in die Förderung aufzunehmen. Sprich: den größten Teil davon zu bezahlen.
Wie dem auch sei: Für den Naturschutz wäre die Abkehr von der Renaturierung ein Jammer, entwickelt sich das bisher Geschaffte doch vielversprechend und verbessert den Hochwasserschutz am Neckar. Und, ganz nebenbei: Ein endgültiger Stopp der auf die EU-Gewässerschutzrichtlinie ausgerichteten Renaturierung würde die Stadt wahrscheinlich noch teurer zu stehen kommen als die Fortführung. Auch bereits verbuchte Zuschüsse müssten dann wohl zurückgezahlt werden.
Der Baustopp – leise still und heimlich – ist peinlich im Quadrat.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Warum die Renaturierung des Mannheimer Neckarufers weitergehen muss
Wie ein Biber am Mannheimer Neckarufer die finanzpolitische Vollbremsung der Stadt Mannheim beim Naturschutz ans Licht brachte und warum das die Kommune teuer zu stehen kommen könnte, kommentiert Thorsten Langscheid.