Kommentar Verzicht auf tägliche Corona-Zahlen: Gute Idee, falsche Zeit

Steffen Mack ist dagegen, die tägliche Erfassung der Corona-Zahlen in den Gesundheitsämtern bald einzustellen. Das wäre im Herbst ein gefährliches Signal, zu einem späteren Zeitpunkt aber eine gute Idee

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Steffen Mack
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Auf den ersten Blick mag es völlig absurd wirken. Ausgerechnet im Herbst, wenn die Corona-Zahlen höchstwahrscheinlich wieder stark steigen, könnten die Gesundheitsämter die tägliche Zählung einstellen. So sieht es jedenfalls der Mannheimer Amtsleiter Peter Schäfer. Weil er vor allem für Besonnenheit und keineswegs für forsche Töne bekannt ist, dürfte er da eine unter seinen Kollegen weit verbreitete Meinung vertreten.

Bei näherer Betrachtung sind seine Argumente auch nicht von der Hand zu weisen. Zum einen sind die Zahlen immer weniger verlässlich, nach Schäfers Schätzung gibt es etwa dreimal so viele Infizierte wie offiziell registriert. Zum anderen bedeutet die tägliche Erfassung, Pflege und Weitergabe der Daten für die Gesundheitsämter offenbar einen sehr hohen, mithin kaum mehr vertretbaren Aufwand. Und die werden ja auch mit anderen Viruserkrankungen wie der Influenza fertig, ohne flächendeckend tagesaktuell jeden einzelnen Fall zu erfassen. Wenn Corona mit den milderen Verläufen durch die Omikron-Variante eine Krankheit wie jede andere wird, warum sie nicht auch so behandeln?

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Wieso ist der Aufwand so groß?

Dann allerdings endet das Verständnis. Das liegt vor allem an der politischen Großwetterlage. Leider ist nicht davon auszugehen, dass das Land bestens vorbereitet in Herbst und Winter geht. Im Gegenteil. Dass die mit einer nicht länger als ein Vierteljahr zurückliegenden Auffrisch-Impfung von der Maskenpflicht ausgenommen werden sollen, wirkt extrem unsinnig. Abgesehen vom Kontroll-Wahnsinn, den das wieder auslösen würde: Soll man sich etwa alle drei Monate impfen lassen? Und warum redet noch nahezu niemand über einen dritten Booster für die Senioren, deren zweiter schon mehr als ein halbes Jahr zurückliegt?

Die Wahrscheinlichkeit ist leider ebenfalls recht groß, dass im Herbst wieder Chaos und Kakophonie herrschen. Dampft man dann auch noch die Fallerfassung ein, wie sollen die Corona-müden Menschen von der Notwendigkeit weiterer Vorsichtsmaßnahmen überzeugt werden?

Besser wäre, die tägliche Zählung erst zu einem späteren Zeitpunkt aufzugeben. Zumal die Sieben-Tage-Inzidenz ein guter Frühindikator ist, wenn sich das Infektionsgeschehen zuspitzt. In den Kliniken macht sich das erst Wochen später bemerkbar.

Anbei: Dass die Erfassung und Weitergabe der Daten in den Gesundheitsämtern einen solchen Aufwand bedeutet, sagt über die Digitalisierung in Deutschland gar nichts Gutes aus.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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