Kommentar Versäumnisse im Katastrophenschutz - für den Ernstfall gerüstet sein

Peter W. Ragge zu Versäumnissen im Katastrophenschutz

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Peter W. Ragge
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Mannheim. Wer „Glück“ hatte, ist nur belächelt worden. Möglich war aber auch, dass man als hoffnungsloser Fall eines alten kalten Kriegers abgestempelt wurde. Jedenfalls gerieten die wenigen Menschen, die noch bis vor ein paar Jahren mehr Anstrengungen im Zivil- und Katastrophenschutz gefordert haben, in jeder Diskussion schnell ins Hintertreffen.

Die Deutschen wollten nach der Deutschen Einheit einfach ihre „Friedensdividende“. Daher wurde nicht allein die Bundeswehr vorsätzlich kaputtgespart. Ebenso ging es dem gesamten Bereich, den man mal Zivile Verteidigung nannte. Bunker hat man abgeschafft, Sirenen abmontiert, Personal abgebaut, die Gewinnung neuer Ehrenamtlicher versäumt, Gerät und Fahrzeuge einfach nicht erneuert, die Vorbereitung auf eine wirkungsvolle Katastrophenmedizin und generell die ganze Vorbeugung sträflich vernachlässigt.

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Ein paar Weckrufe gab es zwar. Nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl 1986 hat der Bund den Strahlenschutz ein bisschen aufgestockt, nach dem Oderhochwasser 1997 und der Elbflut 2002 das Technische Hilfswerk verstärkt und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz gegründet. Aber letztlich sind die Strukturen seit Jahrzehnten ausgezehrt und ohne ein Großaufgebot der Bundeswehr wird Deutschland Katastrophen nicht Herr. In der Corona-Pandemie brauchte man sogar Soldaten, um Versäumnisse im Pflege- und Gesundheitssystem aufzufangen.

Erst jetzt, langsam, räumt die Politik ihre jahrelangen Versäumnisse ein. Die tödlichen Wassermassen im Ahrtal und der Ukraine-Krieg stellten eine Zäsur da – zwei traurige Anlässe, die hoffentlich alle wachgerüttelt haben. Beim Katastrophenschutz geht es nicht darum, ein paar von Blaulicht begeisterten Leuten mehr Spielzeuge zu beschaffen. Vielmehr müssen die – überwiegend ehrenamtlichen! – Helfer so ausgestattet und trainiert sein, dass sie im Ernstfall Leben retten und bewahren können.

Zum Glück hat Mannheim wenigstens rechtzeitig das Thema Sirenen angepackt – anderswo fehlen sogar die noch. Der Warntag am Donnerstag sollte aber nicht nur ein Test sein, ob die Technik funktioniert, sondern ebenso die Bürger wachrütteln. Auch wenn der Schutz der Menschen vorrangiges Ziel des Staates ist, so muss die Zeit der Ignoranz gegenüber diesem Thema ein Ende haben. Jeder ist verantwortlich, das – wie mancher maulen wird – „Geheule“ am Donnerstag nicht lässig zu ignorieren, sondern sich rechtzeitig zu informieren und für den Ernstfall auch vorzubereiten.

Redaktion Chefreporter