Es ist eine gute Woche für die Erinnerungskultur in Mannheim. Mit der überraschenden Mitteilung der CDU, im Rat die Umbenennung der vier historisch belasteten Straßennamen in Rheinau-Süd zu unterstützen, nähert sich ein Zustand seinem Ende, der längst unerträglich ist.
Die meisten politisch Verantwortlichen haben dies erkannt. Als erste und am konsequentesten die Grünen. Ihrer Initiative und ihrem Dranbleiben ist es zu verdanken, dass die Diskussion dort steht, wo sie heute steht. Vor allem dem Stadtrat Gerhard Fontagnier, der dafür auch von manchem eigenen Parteifreund belächelt oder gar gebremst wurde.
Daran könnte sich die SPD ein Beispiel nehmen. Denn die SPD – sie ist halt die SPD: im Grunde ihres Herzens dafür, aber im Willen, es allen Recht zu machen, von allen geliebt zu werden, hierbei ohne Profil. Oder um das Bonmot von Franz Josef Strauß über die SPD zu zitieren: Können hätten wir schon gewollt, aber dürfen haben wir uns nicht getraut. Am Ende wird die SPD zustimmen, weil sie ihrer großen Tradition von Antifaschismus und Antikolonialismus folgen muss.
Die große Überraschung, und zwar positiv, ist die CDU. Und das ist, bei allem, was man derzeit an ihr kritisieren mag, anzuerkennen. Damit wird sie aber auch den Anforderungen einer modernen Großstadtpartei nur gerecht. Und der Erkenntnis, dass sie auch in Mannheim bei der Bundestagswahl nicht nach rechts, sondern in der Mitte verloren hat.
Kopfschütteln muss dagegen die Haltung der FDP erzeugen. Die Partei, die sich gerade in Mannheim so weltoffen geriert, ist nun die einzige, die klar an der Seite der AfD steht. Das ist natürlich Hans Held geschuldet, Chef der Rheinau-Süd-Siedler und für die FDP im Bezirksbeirat. Einen Gefallen tut er seiner Partei damit aber nicht. In Berlin die Backen aufzublasen, dass man nicht neben der AfD sitzen will, aber in Mannheim mit der AfD gegen eine zukunftsweisende Erinnerungskultur zu kämpfen, das passt irgendwie nicht zusammen.
Nach dem Gemeinderat wird die Verwaltung gefordert sein. Derzeit hat man den Eindruck, sie wolle die Siedler in einem langen Beteiligungsprozess quasi mürbe machen. Doch das Gegenteil wird geschehen: Die Fronten werden sich verhärten. Zur Befriedung ist daher vielmehr eine schnelle Entscheidung notwendig. Auch, damit 2023 die Besucher der Buga bei einem Abstecher zum Kleinod Rheinauer See nicht über diese Straßennamen „stolpern“. Denn das wäre in der Tat unerträglich.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Umbenennung von Straßennamen in Mannheim Rheinau-Süd: Gemeinderat muss schnell handeln
Konstantin Groß zur Gemengelage im Gemeinderat