Zum ersten Mal in einer eigenen Wohnung; nach Hause kommen und am nächsten Morgen aufstehen, wann man will; das erste eigene Geld verdienen; und in Seminaren, Hörsälen, der Bibliothek oder abends in der Kneipe und im Club freundschaftliche Beziehungen (vielleicht auch darüber hinaus?) knüpfen. Das Leben als Studentin oder als Student hatte doch viele angenehme Seiten.
Seit nun fast zwei Jahren ist vieles von dem, was man unter dem viel beschworenen „Studentenleben“ versteht, nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt möglich. Etwa von Lockdowns, Unsicherheiten und weiteren Beschränkungen wirtschaftlich angeschlagene Gastronomen können verständlicherweise nur wenige „klassische“ Studentenjobs anbieten. Generell lahmt die Wirtschaft. Die eigene Wohnung wird für junge Menschen dann schnell teuer und für die Familien zur großen finanziellen Belastung. Hybride Lehre macht den Besuch des Hörsaals zudem auch nicht immer erforderlich. So kann es vorkommen, dass Menschen auch im dritten Semester eine Hochschule bislang nur sporadisch von innen gesehen haben.
Auch vom ausgiebigen, unbeschwerten abendlichen Feiern kann in Zeiten von Kontaktreduzierungen genauso wenig die Rede sein wie von großen Reisen oder spannenden Exkursionen. Es sind Erfahrungen, die man in der Form wohl nur im Studentenleben machen kann. Und hat man sie erlebt, möchte man sie noch Jahrzehnte lang nicht missen, weil sie prägend für das weitere Leben oder einfach schöne Erinnerungen gewesen sind.
Und doch sind Studentinnen und Studenten, so paradox es klingt, nicht nur eine der vielen großen Verlierer der Pandemie - sie sind gleichzeitig auch bei den Gewinnern.
Denn es ist an der Zeit, auch in der breiten Gesellschaft anzuerkennen, mit welcher Ruhe, mit welchem zumindest nach außen gezeigten Verständnis ein großer Teil der jungen Menschen diese Einschränkungen seit mittlerweile zwei Jahren hinnimmt. Studentinnen und Studenten dabei fehlendes Interesse an der eigenen Lebenssituation oder gar politische Verdrossenheit vorzuwerfen, ist falsch. Diesem Argument stehen auch in den vergangenen beiden Jahren zahlreiche angemeldete und überwiegend mit Mund-Nasen-Schutz veranstaltete Klima-Demonstrationen gegenüber.
Das lässt darauf schließen, dass sie aus Vernunft agieren. Aus Solidarität. Aus Rücksicht auf die eigenen Großeltern und zu deren Schutz. Dieses Verhalten gilt es anzuerkennen und zu würdigen.
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