Kommentar Straßennamen auf der Rheinau: Politik wird konkret

Konstantin Groß zur Diskussion über Straßennamen

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Konstantin Groß
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Mannheim. Duplizität der Ereignisse: In Berlin wird das Programm der künftigen Bundesregierung vorgestellt. Auf Seite 126 des Koalitionsvertrages der Ampel heißt es: „Wir wollen koloniale Kontinuitäten überwinden.“ Am Abend desselben Tages im Mannheimer Stadtteil Rheinau: Kommunalpolitiker diskutieren, ob Straßennamen verschwinden sollen, mit denen Kolonialverbrecher geehrt werden. Allgemeinpolitische Postulate können vor Ort eben ganz schnell konkret werden.

Doch die Sitzung des Stadtteilgremiums war in dieser Hinsicht positiv: Keiner der Bezirksbeiräte – mit Ausnahme des FDP-Mannes, der zugleich Chef der örtlichen Siedler ist – sprach sich in einer Wortmeldung noch dezidiert gegen die Umbenennung aus. Längst dreht sich die Diskussion darum, wie die Straßen künftig heißen und wie diese neuen Namen gefunden werden.

Dabei muss sich die Politik vor Versprechungen hüten, die zu neuen Enttäuschungen führen können. Sie redet von Beteiligung der Anwohner und widerspricht kaum dem falschen Eindruck, solche Beteiligung bedeute Entscheidungsbefugnis. Zwar ist es natürlich notwendig, die Meinung der Anwohner zu kennen. Aber wie Straßen in Rheinau-Süd künftig heißen, das ist nicht nur Sache der Anwohner, sondern der gesamten Stadtgesellschaft. Auch sie muss in den Prozess einbezogen werden und am Ende in Gestalt des Gemeinderats der Gesamtstadt darüber auch entscheiden.

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Mit dem Anspruch, dass Anwohner sich den Namen ihrer Straße selbst aussuchen können, hätte Mannheim in der Tat ein Alleinstellungsmerkmal in Deutschland. Denn gäbe es ein solches Recht, dann würden die Straßennamen ja so bleiben wie sie sind. Doch egal wie sie künftig heißen, selbst Kilimandscharo- oder Elefanten-Straße – alles ist besser als die jetzigen Namen.

Um Klarheit zu schaffen, sollte der Gemeinderat die Umbenennung baldmöglichst beschließen. Nach dem positiven Sitzungsverlauf im Stadtteilgremium steht dem auch nichts mehr entgegen. Und im Gemeinderat herrscht ohnehin ein breiter Konsens von der Linkspartei bis zur CDU.

Nur die FDP in Mannheim ist noch – in skurriler Einigkeit mit der AfD – strikt dagegen. Aber vielleicht macht sich ja noch ihr neuer Bundestagsabgeordneter Konrad Stockmeier in Berlin bei seinem Chef Christian Lindner schlau, was die künftige Ampel-Regierung versteht unter „Überwindung kolonialer Kontinuitäten“.

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