Kommentar Religionen in Mannheim: Das Einvernehmen ist vorbei

Die einen haben Angst, die anderen wollen nicht - Peter W. Ragge zur Absage der „Meile der Religionen“.

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Peter W. Ragge
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Sehr bedauerlich ist die Absage der „Meile der Religionen“ – aber doch leider richtig und konsequent. Schließlich wäre es nur ein „Meilchen“ geworden, viel zu kurz und ohne wichtige Akteure. Sie hätte ein freundschaftliches Miteinander der Religionen symbolisiert, das es derzeit nicht gibt.

Sicher – es wäre immer noch ein Fest der Ökumene gewesen. Aber dass die Kooperation zwischen evangelischer und katholischer Kirche sehr gut funktioniert, hat man auf der Bundesgartenschau und auf dem Maimarkt erleben können und sieht man täglich im Alltag vieler Gemeinden. Dazu braucht es indes keine „Meile der Religionen“. Deren Funktion, ja deren Charme war ja, dass alle gemeinsam gegessen, gefeiert und gebetet haben – Christen, Juden, Muslime. Doch das ist vorbei.

Es ist gut, wenn kein Einvernehmen suggeriert wird, das es einfach nicht mehr gibt

Die Absage der Jüdischen Gemeinde erfolgt aus Sicherheitsgründen – verständlich, aber traurig. Dass Juden im Land der Schoa wieder Angst haben, auf die Straße zu gehen und sich an Gemeinschaftsveranstaltungen zu beteiligen, ist eine Schande.

DITIB widerspricht Mannheim

Die Türkisch-Islamische DITIB-Gemeinde hat der Darstellung widersprochen, sie habe das 30-jährige Bestehen ihrer Moschee ohne Vertreter anderer Religionen gefeiert. Vielmehr habe es ein feierliches Fastenbrechen mit zahlreichen Gästen aus Politik, Gesellschaft und religiösen Gemeinschaften gegeben, darunter ein katholischer Pfarrer. Der Vorstand widersprach auch der Darstellung, es gebe einen stärkeren Einfluss isolationistischer, radikalerer Kräfte. Richtig sei, dass die DITIB Außenkommunikation sowie Moscheeführungen eigenverantwortlich übernimmt und mit dem Mannheimer Institut für Integration und Interreligiösen Dialog keine Kooperation mehr bestehe. red

Anders betrachten muss man die Absage einiger Moscheegemeinden, vor allem die der größten Moschee im Jungbusch. Die ist erkennbar dabei, sich aus dem einst guten Einvernehmen mit anderen Konfessionen zu verabschieden. Vor vielen Monaten hatte sie eine Terminvormerkung für ein Fest zum 30-jährigen Bestehen der Moschee geschickt, der dann aber keine Einladung folgte. Stattdessen erfolgte der Rückzug aus dem „Forum der Religionen“, dann die Absage der Beteiligung an der Meile. Der Blick hinter die Kulissen der Moschee ist schwer, aber es gibt noch mehr Anzeichen, die für einen stärkeren Einfluss isolationistischer, radikalerer Kräfte sprechen und ein Ende des Konzepts von Offenheit und Dialog.

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Für die Idee einer offenen, vielfältigen Stadtgesellschaft bedeutet dies einen ganz herben Rückschlag. Daher ist es auch gut, wenn nicht auf einer „Meile der Religionen“ ein Einvernehmen suggeriert wird, das es derzeit einfach nicht mehr gibt.

Redaktion Chefreporter

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