Mannheim. Update vom 21. Juni: Zwischenzeitlich wurde die Meile der Religionen abgesagt
Auch wenn die Jüdische Gemeinde fehlen wird, soll die Meile der Religionen gefeiert werden. Dafür haben sich die Organisatoren vom Forum der Religionen entschieden, wie sie am Mittwoch mitteilten, nachdem tags zuvor bekannt geworden war, dass die Jüdische Gemeinde nicht an dem Fest teilnimmt. „In den Herzen und im Geist wird die Jüdische Gemeinde auch ohne physische Präsenz eingebunden sein“, äußerten sich die Sprecher der verschiedenen Konfessionen gemeinsam. Die Entscheidung sei mit Bedauern zur Kenntnis genommen worden, allerdings brächten sie auch Verständnis und Respekt dafür auf.
Der Vorstand der Jüdischen Gemeinde hatte am Dienstag die Teilnahme wegen der aktuellen Entwicklungen im Nahost-Konflikt abgesagt – aus Sorge, dass die Lage sich auf das Zusammenleben in Mannheim auswirken könnte. Auch Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) zeigt Verständnis für die Entscheidung. „Nach der aktuellen Eskalation der Gewalt im Nahen Osten ist es nachvollziehbar, dass der Vorstand der Jüdischen Gemeinde die Verantwortung für eine Teilnahme seiner Mitglieder nicht übernehmen will – auch wenn aktuell keine konkreten Bedrohungen bekannt sind“, sagt Specht am Mittwoch auf „MM“-Anfrage.
Entscheidung fällt Mannheims Jüdischer Gemeinde nicht leicht
Die Absage sei ihr „unendlich schwergefallen“, erklärt Gemeindevorsitzende Heidrun Deborah Kämper am Dienstagabend im Gespräch mit dieser Redaktion. Der Entscheidung seien viele Abwägungen im Vorstand vorausgegangen. „Die Vorstellung, dass wir mitten in einem schwierigen Stadtteil draußen Stühle, Tische und Bänke aufstellen – wenn dann aufgrund der Entwicklungen im Nahen Osten bei uns etwas passiert, tragen wir die volle Verantwortung. Dieser Gedanke hat mich so belastet, dass ich gesagt habe: Nein, wir können das dieses Mal nicht mitmachen.“
Bei dem Fest, das am Dienstag zwischen 18 und 20 Uhr zum sechsten Mal seit 2007 stattfindet, zieht sich ein Tisch durch die Quadrate, an dem sich Anhängerinnen und Anhänger verschiedener Religionen austauschen. „Wir haben von Anfang an mit voller Überzeugung an der Meile teilgenommen, haben sie unterstützt und finden sie auch nach wie vor ungeheuer wichtig“, sagt Kämper. Die für Jüdinnen und Juden nach den jüngsten Ereignissen nochmals zugespitzte Sicherheitslage aber spreche gegen eine Teilnahme in diesem Jahr.
Erstelltes Sicherheitskonzept beinhaltet Zufahrtsschutz
Obwohl keine Bedrohungen bekannt sind, habe gerade Mannheim in der jüngeren Vergangenheit erfahren müssen, wie schnell es zu Gefahren kommen kann, so Kämper. Sie nennt das Messerattentat auf dem Marktplatz am 31. Mai 2024 und die Todesfahrt auf den Planken am 3. März 2025. „Das waren Szenarien, die mir im Kopf umgegangen sind. Diese Verantwortung kann ich in dieser Lage einfach nicht übernehmen“, sagt Kämper.
Oberbürgermeister Specht betont das friedliche und tolerante Miteinander in Mannheim. Internationale Spannungen hätten jedoch Auswirkungen darauf. Dies zeigten „zum Beispiel die zahlreichen Demonstrationen nach der Terrorattacke der Hamas auf Israel und zum Gaza-Konflikt deutlich.“ Wie für andere Veranstaltungen wurde ein Sicherheitskonzept erstellt, „das auch Maßnahmen für den Zufahrtsschutz für die Veranstaltung beinhaltet“, erläutert Stadtsprecher Dirk Schuhmann. „Dieses wird nach den aktuellen Entwicklungen im Nahen Osten nochmals überprüft und gegebenenfalls angepasst“, ergänzt er.
Auch DITIB-Gemeinde sagt Meile der Religionen in Mannheim ab
Die Absage der Jüdischen Gemeinde ist indes nicht die erste für die diesjährige Meile der Religionen. Bereits zuvor hatte die islamische DITIB-Gemeinde zurückgezogen. „Seit Februar ruht unsere Mitgliedschaft beim Forum der Religionen“, begründet Gemeindesekretär Cem Yalçınkaya auf Anfrage. Die DITIB-Gemeinde kritisiert laut Yalçınkaya die interne Organisationsstruktur des Forums der Religionen und fordert eine Reform. Bemängelt wird auch eine angeblich fehlende Transparenz in der Kommunikation untereinander.
Auch die Entscheidung der DITIB-Gemeinde bedauert das Forum der Religionen, das aus Vertretern der christlichen Kirchen, der Moscheegemeinden, der jüdischen Gemeinde und der alevitischen Gemeinden besteht. Erstmals müsse somit auf die Tische der Yavuz-Sultan-Selim-Moschee verzichtet werden, heißt es in der Einladung zum Fest. Das Forum hofft, dass die Zusammenarbeit in Zukunft wieder aufgenommen werden kann.
Trotz der beiden Absagen werden rund 60 Tische von über 30 Akteuren gedeckt sein, so der katholische Stadtdekan Karl Jung. „Bei allem Bedauern sind der gegenseitige Respekt für die jeweilige Entscheidung der einzelnen Mitglieder und das Verständnis füreinander prägend für das Mannheimer Dialogforum“, sagt er zum Fehlen der Jüdischen Gemeinde und der DITIB-Gemeinde. Doch auch für die sechste Ausgabe der Meile gilt: „Sie ist ein etabliertes Zeichen für das friedliche Miteinander der Religionen in unserer Stadt.“
So ähnlich sieht es auch der Oberbürgermeister: „Die Meile der Religionen ist ein einzigartiges Fest der Begegnung und des Austauschs zwischen den Religionen in Mannheim“, sagt Specht und blickt voraus: „Ich wünsche mir sehr, dass dieses Fest auch in Zukunft regelmäßig stattfindet und dass sich möglichst viele Gemeinden und Gläubige aller Religionen daran beteiligen.“
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