Es gab in diesem Oberbürgermeister-Wahlkampf so viele Podiumsdiskussionen wie selten. Die Kandidierenden luden zudem zu jeder Menge eigener Veranstaltungen ein und waren extrem präsent in den Sozialen Medien. Schließlich ging es um eine Richtungsentscheidung nach zwei Amtszeiten von Peter Kurz (SPD). Trotzdem gaben am Sonntag gerade mal rund 32 Prozent ihre Stimme ab. Das ist bedenklich für die Demokratie.
Politikwissenschaftler betonen, auf kommunaler Ebene sei die Wahlbeteiligung traditionell niedriger als bei Landtags- oder Bundestagswahlen. Das ist richtig, doch die Beteiligung am Sonntag in Mannheim war besonders schlecht. Ein Blick auf andere Städte zeigt das. In Frankfurt lag sie im März im ersten Wahlgang bei 40,4 Prozent. Sicher, da ging es um die Nachfolge des abgesetzten Peter Feldmann, die Lage war elektrisiert. Aber auch bei der OB-Wahl in Stuttgart vor drei Jahren, als es um die Nachfolge von Fritz Kuhn ging, wählten sogar 49 Prozent. Und als sich in Karlsruhe Ende 2020 Amtsinhaber Frank Mentrup zur Wiederwahl stellte, waren es 41 Prozent.
Wenn in Mannheim zwei Drittel nicht zur Wahl gehen, wirft das viele Fragen auf.
Wenn in Mannheim zwei Drittel nicht zur Wahl gehen, wirft das viele Fragen auf. Interessieren sich diese Menschen nicht dafür, was politisch in ihrer Stadt passiert? Oder kommen die Themen gar nicht bei ihnen an? Oder gibt es tatsächlich keinen Kandidierenden, bei dem sie ihre politischen Positionen wiederfinden? Bei acht Bewerberinnen und Bewerbern?
Kein richtiger "Oppositionskandidat"?
Bei dieser Wahl hieß es ja oft, dass es keinen richtigen „Oppositionskandidaten“ gebe, weil mit Christian Specht auch der Bewerber des bürgerlichen Lagers der Stadtspitze angehöre. Das stimmt zwar. Aber die ihn unterstützenden Parteien CDU, FDP und ML hatten zuletzt im Gemeinderat oft deutlich andere Positionen als die dortige grün-rot-rote Mehrheit, sind also durchaus Opposition. Und generell ist es ja nicht so, dass die Kandidierenden in diesem Wahlkampf austauschbar wären. Bei Themen wie Mobilität, Innenstadt-Zukunft oder dem Umgang mit dem Mangel an Kita-Plätzen haben sie durchaus unterschiedliche Ansätze. Es gibt also schon Wahlmöglichkeiten.
Doch „die Politik“ schafft es offenbar nicht, zu vermitteln, was sie Gutes für die Menschen tut. In der Neckarstadt-West und auf der Schönau war die Wahlbeteiligung mit 16,5 und 21,6 Prozent am niedrigsten. Dabei gehören diese Stadtteile zu denen, in die die Stadtverwaltung nach Beschlüssen des Gemeinderats am meisten investiert hat – vom Bolzplatz bis zum Jugendhaus.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel OB-Wahl in Mannheim Niedrige Wahlbeteiligung ist bedenklich für die Demokratie
Am Sonntag gaben bei der OB-Wahl in Mannheim nur rund 32 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Das ist bedenklich für die Demokratie, kommentiert Timo Schmidhuber