Mannheim. Während die Welt um Demokratie, Frieden, Identität, soziale Gerechtigkeit und das Eindämmen der Klimakrise ringt, ringt das Theater mit – und ums eigene Überleben. Auch im neuen Spielplan des Nationaltheater Mannheim sind all diese Themen präsent, vorder- oder hintergründig, zumindest aber virulent, schließlich, so fasst es Intendant Tilmann Pröllochs zusammen, gehe es darum, „die vielen politischen und gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit künstlerisch zu reflektieren“.
Klar: Relevanz ist das Zauberwort der moralischen Anstalt im Kampf um Geld, Ehre und Gäste, droht doch auch die Gefahr, der Jugend, die in der Unübersichtlichkeit digitaler Unterhaltungsgalaxien wie Netflix & Co sozialisiert ist, könnte der Zugriff aufs analoge Theater zu kompliziert sein, zu lahm, verkopft, uncool.
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Schauspiel und Tanz haben es da leichter. Alles ist günstiger und schlanker, Experimentieren Praxis . Und das tun Ulrike Stöck, Stephan Thoss und Christian Holtzhauer in Jungem, Tanz- und Sprechtheater. Eine Verjüngung en passant. Das Musiktheater hat es schwerer. Orchester und Chor sind teuer. Operaler Gesang versprüht zudem anachronistisch anmutende Künstlichkeit. Und jede Uraufführung, meist Eintagsfliege, ist ein Riesen-Act.
Umso erfreulicher ist, dass Opernchef Albrecht Puhlmann nach den zähen Spielzeiten der Opal-Pleite jetzt wieder Musiktheater jenseits der Oper bietet. Mit der Operette „Die Csárdásfürstin“ und den „Comedian Harmonists“, die unter Vorgänger Klaus-Peter Kehr schon ein NTM-Renner waren, wendet er sich zwar nicht innovativ und gezielt an ein jüngeres Publikum. Aber immerhin an eines, das mit Puccini, Händel oder Verdi fremdelt.
Eines fehlt aber ganz: Popkultur. Ist sie in den anderen Sparten längst fester Bestandteil, ist es an der Zeit, diesen Schritt auch im Musiktheater zu gehen. Es gab zaghafte Versuche unter Chefdramaturg Jan Dvorák. Seit er weg ist, herrscht Ruhe. Dabei: Die Jugend von heute ist der Kunde von morgen. Die nächste Generation hat ja doch (fast) immer recht.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentare Nationaltheater, und wo ist die Popkultur?
Erfreulich am neuen Spielplan des Nationaltheater ist vieles. Man ringt um Relevanz und bringt einiges auf die Strecke. Was indes in der Sparte Musiktheater fehlt, ist der Einzug der Popkultur - ein Fehler