Nachfolger für die Popakademie-Gründungsgeschäftsführer Udo Dahmen und Hubert Wandjo zu finden, ist nicht vergnügungssteuerpflichtig. Genau so wenig wie ihre enorm großen Fußstapfen ausfüllen zu müssen – das überlegen sich viele potenzielle Kandidatinnen offensichtlich gut. Von daher wundert es nicht, dass der 71-jährige Dahmen erstmal im Amt bleiben muss (er würde sicher sagen: darf). Dass damit in Sachen Altersgrenze ein Präzedenzfall geschaffen werden könnte, ist zweitrangig – zu einzigartig ist die in Mannheim gezeigte Leistung. Das gilt auch für Wandjo. Das Führungsduo hat seit 2003 noch die kühnsten Erwartungen übererfüllt.
Dass mit Michael Herberger ein Mannheimer Urgestein die Wandjo-Nachfolge antritt, werden viele begrüßen. Vor allem Lokalpatrioten. Dass der Diplom-Biologe in Popularmusik oder Wirtschaft weder wissenschaftliche noch Lehrerfahrung hat, ist nicht optimal – aber nachrangig. Die Lehre hat sein Vorgänger auch erst in der Praxis liebgewonnen. Wie an Kunst- oder Filmakademien sind auch in der Mannheimer Hafenstraße Praktiker mit Netzwerk gefragt. Da ist der erfahrene Studiobetreiber, Label-Chef und „Sing meinen Song“-Produzent gut qualifiziert – wenn er seine bisherigen Tätigkeiten ausreichend vom neuen Berufsfeld trennen kann.
Es gibt aber nicht wenige, die diese Personalie kritisch sehen. Schließlich beruht Herbergers Reputation zum größten Teil auf der Zusammenarbeit mit Xavier Naidoo und den Söhnen Mannheims. An dessen Abdriften trägt er zwar keine Schuld, aber als bester Freund und wichtigster Geschäftspartner ist er auch kein unbeteiligter Trittbrettfahrer. Nach dem Skandal um „Marionetten“ hat er sich zwar resolut von Naidoo gelöst und das auch überzeugend vertreten – aber bis zum Kehrtwende-Video des Sängers nur in Hinterzimmergesprächen, nie öffentlich.
Gelegenheiten, sich sachlich zu erklären, ohne seinen früheren Freund illoyal ans Kreuz zu nageln, hat auch diese Redaktion ihm oft genug geboten. Diese Angebote nicht zu nutzen, passt ins Bild seiner defensiven Krisenkommunikation über die Jahre an Naidoos Seite, die teilweise von massiven Fehleinschätzungen der öffentlichen Meinung geprägt war. Etwa bei Naidoos Direktnominierung 2015 für den Eurovision Song Contest, die nach einem zuvor beispiellosen Proteststurm von der ARD zurückgenommen werden musste. Bleibt zu hoffen, dass der 50-Jährige daraus gelernt hat. Die Chance, sich zu bewähren, sollte man Herberger geben.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Michael Herberger und sein Ballast Xavier Naidoo
Der Ex- Söhne-Mannheims-Bandleader muss beweisen, dass er aus seiner verheerenden Krisenkommunikation in Bezug auf Xavier Naidoo gelernt hat. Jörg-Peter Klotz begrüßt, dass es zunächst eine Doppelspitze geben soll