Ende gut, alles gut: Der Mannheimer Altneckar, im Stadtgebiet ein weitgehend kanalisierter, teilweise mit gemauerten Einfassungen versehener Wasserlauf, wird „entgradigt“, also mit kleinen Buchten, sogar mit Nebenarmen und einer kleinen Insel in einen „natürlicheren“ Zustand versetzt.
Mannheimer Naturschützer, allen voran der ehemalige BUND-Aktivist und Grünen-Politiker Wolfgang Raufelder (1957-2016) haben sich dafür lange Jahre eingesetzt. Deswegen ist es für viele von Raufelders früheren Mitstreitern eine Genugtuung, dass der Mannheimer Gemeinderat die weitgehend als Fußgänger- und Fahrradweg ausgewiesene Ufer-Straße in diesem Bereich kürzlich in Wolfgang-Raufelder-Ufer umbenannt hat.
Doch Raufelders Name steht auch für die kritische Würdigung des zweiten, erst nachträglich zu dem Renaturierungsprojekt am Altneckar hinzugefügten Vorhaben-Teils: dem Gewässer in der Feudenheimer Au mit Durchstich zum Neckarkanal.
Die Umgestaltungen dort fühlen sich für viele als (zu) starke Eingriffe ins Landschaftsschutzgebiet an, deren ökologischer Nutzen gegenüber dem entstandenen Schaden durch Wegebau, Unterführungen, Steg- und Seilbahnfundamente zweifelhaft erscheint.
Die „Deadline“ 2027 der Europäischen Union (EU) für den Wasseranschluss des Au-Gewässers an den Neckar lässt indessen hoffen, dass das Gesamtprojekt bis dahin tatsächlich abgeschlossen und die vielfach als Verschwendung kritisierte massive Grundwasserentnahme aus der Au dann beendet wird. Besonders in der aktuellen Dürrezeit hat das zeitweise Fluten mit Grundwasser und wieder Austrocknen der neuangelegten Becken dort für Kopfschütteln gesorgt.
So schwierig für den Naturschutz das Thema Feudenheimer Au erscheint, so freudig dürfte die Bundesgartenschau-Gesellschaft begrüßen, dass ihr mit der Verbindung von Au-Umgestaltung und EU-getriebener Neckar-Renaturierung ein echtes ökologische Vorzeigeprojekt zugefallen ist, das manche Scharte wieder auswetzt. Denn die „Entgradigung“ am Altneckar bringt mit vergleichsweise geringem Aufwand eine enorme Verbesserung der Gewässer- und Uferqualität mit sich.
Gerade vor dem Hintergrund des sich verschärfenden Klimawandels kann dies buchstäblich zum Überleben von Arten in unserem unmittelbaren Umfeld beitragen. Dass Deutschland und damit Baden-Württemberg quasi als Schlusslichter jetzt endlich die über 20 Jahre alte EU-Richtline umsetzen, ist gut und richtig. Aber eben auch allerhöchste Eisenbahn.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Mehr Natur am Altneckar - das ist ein ökologisches Vorzeigeprojekt
Die Renaturierung der Neckarufer kann zum Überleben von Pflanzen- und Tierarten in unserem unmittelbaren Umfeld beitragen, begrüßt Thorsten Langscheid das ökologische Vorzeigeprojekt in Mannheim.