Kommentar Marktplatz-Prozess: Hängepartie geht weiter

Was geschah wirklich am 2. Mai 2022? Das soll nun vor Gericht geklärt werden. Bis es dazu kommt, werden anderthalb Jahre verstrichen sein. Absehbar ist: Der Prozess wird für Wirbel sorgen, findet Lisa Wazulin

Veröffentlicht
Kommentar von
Lisa Uhlmann
Lesedauer

Mannheim. Mehr als sieben Monate sind vergangen, seitdem die Staatsanwaltschaft Mannheim ihre Anklage gegen zwei Polizisten wegen Körperverletzung im Amt mit Todesfolge erhoben hat – nun also steht endlich fest: Der tragische Polizeieinsatz am Marktplatz, bei dem ein psychisch kranker Mann gestorben ist, wird in einer Hauptverhandlung samt Nebenklage am Landgericht aufgerollt.

Warum aber hat die Entscheidung so lange gedauert? Diese Frage hatten sich vor allem immer wieder Aktivisten gegen Polizeigewalt gestellt – und den Vorwurf erhoben, die Justiz wolle den Fall bewusst verschleppen.

Warum die lange Vorbereitungszeit verständlich ist 

Grund für das lange Warten ist nicht nur die Entscheidungsfindung des Landgerichts. Schließlich liegt es im Ermessen der zuständigen Richter und Richterinnen, ob dieser verhängnisvolle Polizeieinsatz, der den 47-jährige Anton P. das Leben gekostet hat, von der Justiz mit einem Prozess aufgearbeitet wird.

Mit dem Blick auf die Schwere der Tatvorwürfe und den Umfang der anstehenden Hauptverhandlung von allein acht Prozesstagen ist die lange Vorbereitungszeit verständlich. Dafür müssen nämlich Stellungnahmen aller Beteiligten eingeholt, dabei Fristen eingehalten werden. Zudem ächzen die Gerichte unter der Masse an Verfahren, haben Prozesse mit Angeklagten in Untersuchungshaft grundsätzlich Vorrang bei der Terminierung.

Mehr zum Thema

Marktplatz-Prozess (mit Video)

Tödlicher Polizeieinsatz in Mannheim: Polizisten müssen vor Gericht

Veröffentlicht
Von
Lisa Uhlmann
Mehr erfahren
Tödlicher Vorfall

Welche Lehren die Polizei aus dem tödlichen Marktplatz-Einsatz in Mannheim zieht

Veröffentlicht
Von
Timo Schmidhuber
Mehr erfahren
Mit Beamten unterwegs

Nach Einsatz mit Todesfolge am Marktplatz: Was Polizisten auf Streife durch die Quadrate erleben

Veröffentlicht
Von
Lisa Uhlmann
Mehr erfahren

Schon jetzt ist absehbar, dass dieser Gerichtsprozess für viel Aufmerksamkeit sorgen wird. Nicht nur, dass namhafte Strafverteidigerinnen und Rechtsanwälte beteiligt sind. Sondern auch, weil nur die wenigsten Fälle, in denen der Vorwurf von Polizeigewalt im Raum steht, laut Polizeiforschenden am Ende tatsächlich vor Gericht landen und sogar den Landtag beschäftigen.

Weil bei diesem Polizeieinsatz ein Mann ums Leben gekommen ist, steht sowohl für die betroffenen Polizisten neben ihrer beruflichen auch ihre private Zukunft auf dem Spiel.

Die Hängepartie hat aber auch den Angehörigen des Opfers enorm zugesetzt. Schließlich hat die Familie des 47-Jährgen mit kroatischen Wurzeln ein Recht darauf zu erfahren, wie und warum ihr Bruder und Sohn ums Leben gekommen ist. Zwar hat nun das Warten auf einen Termin für die Gerichtsverhandlung ein Ende. Die Hängepartie aber geht weiter, werden bis zum Prozessstart mindestens anderthalb Jahre Wartezeit vergangen sein. Was also wirklich am 2. Mai 2022 geschah, wird mit Sicherheit im und vor dem Gerichtssaal noch für viel Wirbel sorgen.

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.