Kommentar Kein Geld für Philharmoniker: An Kultur zu sparen, ist unvernünftig

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Stefan M. Dettlinger
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Es ist immer wieder ein Trauerspiel: Jemand hat eine gute Idee, setzt sie mit viel Elan, Intellekt und Idealismus um, und dann, wenn die Sache endlich so richtig ins Laufen gerät, fehlt es am schnöden Mammon. Es geht dem Alternativpopfestival Maifeld Derby so, den Mannheimer Philharmonikern und vielen anderen kulturellen Ideen und Initiativen, die von Jahr zu Jahr und von Projekt zu Projekt Förder- und Sponsoringgelder einwerben müssen. Türklinken putzen. Nicht selten funktionieren die Ideen nur durch Selbstausbeutung ihrer Initiatoren.

Warum auch nicht, könnte man sagen. Keiner zwingt ja die Menschen, zu tun, was sie tun. Nicht jeder, der eine gute Idee hat, kann automatisch Anspruch anmelden, an den Fluss öffentlicher Gelder angeschlossen zu werden. Da könnte ja jeder kommen. 52 Zeilen ist im Haushalt der Stadt bei den Zuschüssen an Dritte die Kulturliste lang. Während etwa das Nationaltheater dort bis 2025 – sanierungsbedingt dezentral spielend – von 30,4 auf 38,3 Millionen Euro städtischen Zuschuss hochgefahren wird, bekommen andere künftig weniger ab vom 2022er-Kuchen mit seinen gut 60 Millionen Euro.

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Oder, wie die Mannheimer Philharmoniker, auch gar nichts. Die 0,05 Millionen Euro für die vergangenen zwei Jahre sind für die kommenden vier verschwunden – bei sukzessive steigendem Kulturhaushalt. Man kann dahinter eine Logik sehen. Die Sanierung des NTM ist eine teure Herkulesaufgabe, deren Kosten sich, derzeit rund 320 Millionen Euro, bei dramatisch steigenden Baustoff- und Energiepreisen schwer kalkulieren lassen. Alles wird teurer. Das gilt für alle Einrichtungen, für Gehälter, Betriebskosten.

Kulturarbeit ist auch Lobbyismus. Dass der Gemeinderat 2019 überhaupt Zuschüsse für ein – nach Nationaltheater und „Kurpfälzer“ – drittes Orchester bewilligt hat, darf man getrost auch dem Faktum zuschreiben, dass die Philharmoniker Mannheims Namen in die Elbphilharmonie getragen haben. Ein Riesenerfolg vor vollem Haus! Dass Chefdirigent Boian Videnoff aber längst in Berlin lebt, dürfte sich nicht unbedingt positiv auf seine lobbyistische Tätigkeit auswirken.

Insgesamt gilt hier aber, was viele Kulturpolitiker nie müde werden zu sagen: An Kultur zu sparen, ist unvernünftig. Man spart sehr wenig und macht sehr viel kaputt. Jetzt hat Mannheim 50 000 Euro eingespart – und vielleicht bald ein dynamisches Aushängeschild weniger. Man kann über dieses junge Projekt sicher viele Meinungen haben. Aber dass es fehlen würde, ist keine Meinung. Es ist eine Tatsache.

Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.