Krieg, Energiekrise, Pandemie: Die schlechten Nachrichten haben sich zuletzt so sehr gehäuft, dass eines der großen sozialen Probleme unserer Zeit vorübergehend aus dem Blickwinkel zu geraten schien - die Wohnungsfrage. Das heißt allerdings noch lange nicht, dass sie gelöst wäre.
Zwar ist die Zeit der niedrigen Zinsen und damit billigen Kredite, die gemeinhin als Auslöser der in den vergangenen Jahren so rasant gestiegenen Immobilienpreise gilt, offenkundig vorbei. Doch wer davon ausgeht, dass sich der Wohnungsmarkt nun automatisch entspannt, der irrt. Denn erstens sind die Baukosten aufgrund des Booms, der Lieferschwierigkeiten und der vielen verschärften Vorschriften weiterhin sehr hoch. Und zweitens verteuern sich durch die höheren Zinsen zahlreiche Neubauprojekte - oder platzen ganz. Das wiederum zwingt die Bauherren, zur Gegenfinanzierung auch die Mieten zu erhöhen.
In Mannheim fehlen mittelfristig zig Tausende Wohnungen
Hinzu kommen die extrem gestiegenen Energiekosten, die doch schon vor der aktuellen Krise als „zweite Miete“ galten. Zwar versucht der Staat hier, durch Gas- und Strompreisbremse dem entgegenzuwirken. Doch bei allem guten Willen ist dennoch absehbar, dass die Belastungen vor allen Dingen des ärmeren Teils der Bevölkerung weiter steigen werden.
Das alles führt zu einer Melange, in der sozialer Sprengstoff steckt. Zumal, wenn wie in Mannheim trotz der Konversionsflächen mittelfristig noch zig Tausende Wohnungen fehlen - und diese aus Klima- und Umweltschutzgründen nicht irgendwo auf der viel zitierten grünen Wiese gebaut werden sollen. Hier zeichnet sich die nächste Konfliktlinie schon ab.
Darum ist die Kommune gut beraten, wenn sie sich - wie mit dem geplanten neuen Handlungskonzept Wohnen oder dem gleichnamigen Runden Tisch - der Herausforderung frühzeitig stellt, anstatt wie nach den Versäumnissen in der Wohnungsbaupolitik ab Mitte der 1990er Jahre in die Defensive zu geraten - trotz der vielen aktuellen Krisen.

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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Im Wohnungsmarkt steckt viel sozialer Sprengstoff
Es ist zu befürchen, dass sich die Lage am Mannheimer Immobilienmarkt weiter verschärft, kommentiert Martin Geiger. Darum ist es wichtig, dass die Stadt handelt