Kommentar Haushaltskrise in Ludwigshafen: Eine Stadt gefangen im Teufelskreis

Solange die strukturellen Defizite in Ludwigshafen nicht beseitigt werden, hilft auch der reformierte Kommunale Finanzausgleich nicht weiter. Denn die jahrelange Unterifnanzierung hat Spuren hinterlassen

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Julian Eistetter
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Ludwigshafen. Für ihre radikale Sparliste wurde Ludwigshafens Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck im Frühjahr scharf kritisiert. Und auch wenn die Art des Vorgehens fragwürdig bleibt, so zeigt sich inhaltlich doch mehr und mehr eine gewisse Berechtigung dafür. Steinruck wollte einen Warnschuss abgeben in Richtung Landesregierung. Aus einer Stadt, die finanziell ausblutet.

Dieser Aussage hat sie mit ihrem Parteiaustritt Nachdruck und Glaubwürdigkeit verliehen. Der Warnschuss war mehr als angebracht, aus anderen rheinland-pfälzischen Kommunen wie Freisbach, wo Bürgermeister und Gemeinderat zurücktraten, folgten weitere. Rheinland-Pfalz hat ein gravierendes Geldproblem.

Wie verfahren die Situation ist, zeigt sich in Ludwigshafen besonders deutlich. In monatelangen Verhandlungen wurde hier der Jahresfehlbetrag von rund 100 auf etwa 30 Millionen Euro gedrückt, mit schmerzhaften Folgen für die Stadtgesellschaft. Nur wenige Monate später sind all die Bemühungen hinfällig. Weggebrochene Gewerbesteuereinnahmen lassen das Defizit wieder massiv ansteigen. Die Anstrengungen? Gefühlt für die Katz’!

Nun ist der als verfassungswidrig eingestufte Kommunale Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz zum Jahr 2023 zwar endlich reformiert worden. Zu glauben, dass dadurch alles besser wird, wäre aber naiv. Die jahrelange finanzielle Minderausstattung der Kommunen hat Spuren hinterlassen. Tiefe Spuren. In Ludwigshafen zeigt sich das am strukturellen Defizit im Sozialetat. Hoher Ausländeranteil, hohe Arbeitslosigkeit und hohe Sozialhilfequote sorgen für enormen Förderbedarf. Hier braucht die Stadt mehr Hilfe, um den Teufelskreis durchbrechen zu können.

Dieser beginnt bei den Jüngsten und setzt sich im Schulalter fort. Dass es bei der Integration in diesem Bereich hapert, hat sich am Beispiel der Gräfenauschule im Hemshof gezeigt, wo ein Großteil der Erstklässler nicht versetzt wurde. Die Perspektiven für diese Menschen sind schlecht, Folgekosten aus dem Sozialetat zwangsläufig. Und so weiter.

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Hier muss das Land stärker regulierend eingreifen. Generell darf der Kommunale Finanzausgleich nicht an den absoluten Mindestbedarfen der Kommunen ausgerichtet sein. Es muss mehr Geld fließen, damit diese in Zeiten großer Herausforderungen handlungsfähig bleiben.

Gleichzeitig wird Ludwigshafen ein drastischer Sparkurs nicht erspart bleiben - vielleicht nicht ganz so blutig, wie von der OB vorgezeichnet. Auch um weitere Steuererhöhungen wird die Chemiestadt nicht herumkommen.

Redaktion Reporter Region, Teamleiter Neckar-Bergstraße und Ausbildungsredakteur