Kommentar Grünastbrüche - ein fatales Phänomen

Bernhard Zinke fordert, das Thema Grünastbrüche endlich ernst zu nehmen.

Veröffentlicht
Kommentar von
Bernhard Zinke
Lesedauer

In der Fachwelt sind Grünastbrüche schon mindestens zehn Jahre ein Thema. Doch so langsam kommt das Phänomen auch in den breiten Schichten der Bevölkerung an – schlimmerweise befeuert von tragischen Unfällen: Von außen kerngesunde Bäume werfen urplötzlich Äste ab, schenkeldickes Holz bricht unvermittelt aus Baumkronen.

Wissenschaftlich erforscht ist das Phänomen noch keineswegs. Aber Praktiker haben Beobachtungen aus ganz Deutschland zusammengetragen. Sie wissen, um welche Tageszeiten welche Bäume ihr Geäst abstoßen. Die Fachleute vermuten einen Zusammenhang mit dem fortschreitenden Klimawandel. In längeren Hitzeperioden, so die Theorie, können Bäume nicht mehr ihre ganze Krone ausreichend mit Nährstoffen versorgen. Außerdem könnte es durch die Sonneneinstrahlung zu Strukturveränderungen im Holz kommen, die das Geäst spröde werden lassen.

Das Fatale: Nichts, aber auch gar nichts deutet auf einen bevorstehenden Astbruch hin. Das hat auch das Gutachten ergeben, das die Staatsanwaltschaft Heidelberg nach dem tragischen Unglück auf dem Heidelberger Spielplatz in Auftrag gegeben hatte. Der Gutachter bestätigte, dass auch er keine Anzeichen im Holz vorab entdeckt hätte. Und jetzt wird bekannt, dass rund eine Woche vor dem Heidelberger Unglück ein Kleinkind im Luisenpark haarscharf einer weiteren Tragödie entgangen ist. Das sorgt ganz gewiss nicht dafür, dass Verantwortungsträger nachts gut schlafen können.

Mehr zum Thema

Natur

Nach Unfall mit Kind: Wie der Luisenpark Besucher vor Astbruch schützt

Veröffentlicht
Von
Valerie Gerards
Mehr erfahren
Ratgeber

Wenn der Ast fällt: Wer haftet bei Baumschäden?

Veröffentlicht
Von
Valerie Gerards
Mehr erfahren
Umwelt

Unvorhersehbarer Grünastbruch: Stadt Heidelberg entlastet

Veröffentlicht
Von
Bernhard Zinke
Mehr erfahren

Ausgerechnet die Bäume, die an heißen Tagen für ein angenehmes Stadtklima sorgen können, die Temperaturunterschiede von mehr als zehn Grad im Vergleich zu blanken Betonflächen bewirken und die das problematische Klimagas CO₂ aus der Luft holen, entpuppen sich plötzlich als Gefahr für Leib und Leben. Das stellt die Städte vor ein gigantisches Problem. Wie sollen die Grünflächenämter landauf, landab den öffentlichen Raum wirksam vor Grünastbrüchen sichern? Heidelberg hat 50.000 Bäume im Stadtgebiet. Da ist noch kein einziger Baum im großen Stadtwald eingerechnet, in dem auch Wanderer unterwegs sind. Wer ist im Fall des Falles eigentlich verantwortlich für den Schaden an Leib und Leben? Die Antwort kann aktuell ehrlicherweise niemand geben.

Auch wenn die Vorfälle sich häufen und es einen tragischen Ausgang gegeben hat: Panik ist ein schlechter Ratgeber. Grünastbrüche sind – gemessen an der Anzahl von Bäumen in den Städten – noch immer die große Seltenheit. Und sie gehören zu den Gefahren, die im Alltag drohen, wenn wir über die Straße laufen, auf Leitern steigen oder uns in den Zug setzen. Aber Grünastbrüche kommen mittlerweile signifikant oft vor. Es wird Zeit, dass das Thema in den Fokus rückt. Momentan hat es eher den Eindruck, dass die Kommunen das Phänomen in aller Ratlosigkeit totschweigen. Aber diese Strategie hat noch nie geholfen.

Ressortleitung Teamleiter der Redaktionen Metropolregion und Südhessen Morgen

Thema : BASF

  • BASF BASF verkauft Lacksparte an Carlyle

    Das Geschäft des Chemiekonzerns mit Lacken geht zu großen Teilen an einen US-Finanzinvestor. Einen Teil der Coatings-Sparte behält BASF aber noch. Beschäftigte im Ludwigshafener Werk sind nicht vom Verkauf betroffen.

    Mehr erfahren
  • BASF Wie die BASF mit ihrer Strategie vorankommt

    Konzernchef Markus Kamieth sieht Fortschritte bei der Neuausrichtung des Chemiekonzerns. Beim Strategie-Update gibt es auch einige Überraschungen.

    Mehr erfahren
  • BASF BASF spart bei neuem Werk in China

    Stolze zehn Milliarden Euro sollte der Verbund-Standort Zhanjiang kosten. Aber weil der Chemiekonzern überall sparen muss, wird es jetzt deutlich weniger.

    Mehr erfahren
VG WORT Zählmarke