Kommentar Geflüchtetenambulanz am Mannheimer ZI: Hilfe darf und muss angenommen werden!

Bislang haben weniger Menschen die Geflüchtetenambulanz aufgesucht als erwartet. Ihnen muss klargemacht werden: Es ist niemandem geholfen, Probleme zu verschweigen, kommentiert Sebastian Koch

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Sebastian Koch
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Zerstörung, Bombenhagel, Vergewaltigungen, Entwurzelung, Tod: Es ist nicht vorstellbar, was Menschen im Krieg mit eigenen Augen ansehen und ertragen müssen. Das schmerzt vor allem, wenn es um Kinder geht. Wie soll die Psyche eines Kindes das verarbeiten, was schon Erwachsene mit voller Wucht trifft?

355 Kriege und Konflikte hat Statista 2021 gezählt. Viele sind weiterhin aktiv, andere dazugekommen. Der mediale Fokus liegt auf der Ukraine, aber auch im Jemen, in Syrien, im Nahen Osten oder in Äthiopien sterben Menschen durch Kriegshandlungen. In Afghanistan werden fast ein Jahr nach Abzug der Alliierten Frauen und Ortskräfte verfolgt und mit dem Tode bedroht.

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Wenn Menschen in Deutschland ankommen, benötigen sie neben der Unterstützung im Alltag psychologische Hilfe. Letztere vielleicht dringender als alles andere. Dass der Umgang mit und die Aufklärung über psychische Erkrankungen einen Schub bekommen haben, ist wesentlich für die Unterstützung, die Menschen hierzulande bekommen können. Dass die tatsächliche Hilfe, also die Behandlung psychischer Erkrankungen, von Spezialistinnen und Spezialisten erfolgen muss, ist unstrittig. Nicht umsonst hat das Mannheimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit eine Geflüchtetenambulanz eingerichtet. Eine Posttraumatische Belastungsstörung kann man nicht am Küchentisch behandeln.

Trotzdem können Menschen, die keine psychologische oder psychiatrische Ausbildung haben, helfen, den ersten Schritt zu machen. Familien, die Geflüchtete aufgenommen haben, können zum Beispiel am Küchentisch darüber sprechen, dass psychische Probleme hierzulande bei Weitem keine derart starke Stigmatisierung nach sich ziehen, wie sie Expertinnen und Experten etwa in Osteuropa sehen. Auch die Verwaltung ist gefordert, konsequent darauf aufmerksam zu machen, entsprechende Angebote wahrzunehmen. Ansonsten kann die psychische Belastung schnell zur Herausforderung für das sowieso schon den Umständen entsprechend angespannte Familienleben werden.

Wenn Männer an der Front um ihr Leben kämpfen, während Frauen und Kinder in Deutschland auf sie warten, fällt es denen nachvollziehbar schwer, auf eigene psychische Probleme zu verweisen. Ihnen muss aber klargemacht werden: Hilfe, die angeboten wird, darf und muss angenommen werden! Es ist niemandem geholfen, Probleme zu verschweigen - am wenigsten der eigenen Familie.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts

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