Die kommenden Jahre werden keine leichten sein für das Nationaltheater Mannheim. Die heute beginnende Saison wird ganz entscheidend verantwortlich sein dafür, wie das Haus am Goetheplatz in die Sanierungsphase ab 31. Juli 2022 hineingeht. Sie wird aber auch ganz entscheidend verantwortlich sein dafür, wie es vier, fünf oder mehr Jahre später in den sanierten und doch wieder selben Bau von Gerhard Weber einziehen wird.
Die Zeit wird dann eine andere sein, andere Kanzlerinnen, Ministerpräsidenten und Ministerinnen werden regieren, vielleicht ein anderer Oberbürgermeister. Die Pandemie wird hoffentlich überwunden, die Klimakrise erträglich und das öffentliche Geld verfügbar sein. Hoffentlich. Doch das Allerwichtigste fürs Theater: Es müssen genügend Theaterverrückte da sein, die sich für die darstellende Kunst auf den Bühnen des 1957 errichteten Nationaltheaterbaus begeistern.
Und sie sind groß, diese Bühnen. Fast 1200 Plätze hat das Opernhaus, im Schauspiel sind es rund 600. Die letzten Opernabende fanden pandemiebedingt vor weniger als 200 Gästen statt, im Sprechtheater waren es 60, obwohl mehr zugelassen waren. Doch schon vor Covid-19 schwächelte die Premierenauslastung. Was vor 15 Jahren noch undenkbar war, geschah immer wieder: nicht ausverkaufte Premieren.
Das ist keineswegs (nur) dem Nationaltheater anzulasten. Es ist eine schleichende Entwicklung –vor zehn Jahren haben bundesweit noch etwa eine Million Menschen mehr die öffentlichen Theater besucht. In Mannheim konnte diese Entwicklung bislang weitgehend aufgehalten werden.
Aber nun kam Corona und kommt die Sanierung. Es wird dezentral gespielt werden an Orten, die vielen nicht so vertraut sind wie das „Wohnzimmer am Goetheplatz“. Man wird natürlich weniger programmieren können. Man wird natürlich kleinere Kapazitäten anbieten. Und man wird natürlich schon hier dramatisch weniger Gäste ergo Einnahmen haben. Das Nationaltheater Mannheim ist das größte Vierspartenhaus der Welt. Aber: Mannheim ist nicht die größte Theaterstadt der Welt. Worum es in den nächsten 330 Tagen also geht, ist: Menschen binden, Menschen mit Sympathie und offenen Armen begegnen. Menschen begeistern. Mit Kunst. Mit Empathie. Mit großen Emotionen. Großen Behauptungen. Und mit großen Gedanken. Wenn das jetzt und dann in der Sanierungszeit nicht gelingt, werden die NTM-Ränge am Ende der Dekade so sein, dass es denen auf der Bühne keinen Spaß macht. Das darf nicht passieren. Los geht’s!
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Fürs Nationaltheater Mannheim geht’s um Treue
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