Kommentar Der Umgang mit der "Letzten Generation" ist eine Gefahr für die Demokratie

Heiligt der Zweck die Mittel? In der Frage, wie man mit den Protesten der "Letzten Generation" umgehen soll, spalten sich die Gemüter. Politik und Aktivisten müssen aber aufeinanderzugehen, sagt "MM"-Redakteur Sebastian Koch

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Sebastian Koch
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Mannheim. Heiligt der Zweck die Mittel? Lange ist darüber politisch nicht mehr so gestritten worden wie bei der Frage nach dem Umgang mit der „Letzten Generation“. Die Fronten sind verhärtet, weil die Debatte selten sachlich, aber oft emotional geführt wird. Dabei muss klar sein, dass es ein Streit um die Mittel ist - dass sich das Klima dramatisch verändert, ist unbestritten.

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Zweifel aber muss es neben der Protestform der „Letzten Generation“ auch an der Klimapolitik geben. Forderungen nach einem 9-Euro-Ticket und einem Tempolimit sind zeitgemäß und gesellschaftlich mehrheitsfähig. Dass die Politik selbst diese Zugeständnisse nicht macht, zeugt von der lethargischen, inkonsequenten und völlig aus der Zeit gefallenen deutschen Verkehrspolitik. Wirkliche Argumente gegen 9-Euro-Ticket und Tempolimit haben handelnde Akteure - allen voran Bundesverkehrsminister Volker Wissing und seine FDP - bislang nicht gebracht.

Die Frage aber bleibt: Wie umgehen mit einer Gruppe, die zu Recht auf Missstände verweist, den Rechtsstaat aber erpresst? Ein demokratisches Vorgehen, wie es die „Letzte Generation“ für sich beansprucht, ist das nicht. Dass Hannover, Tübingen und Marburg ihre Forderungen öffentlich unterstützen, um sich von Blockaden freizukaufen, ist kein Weg, der Schule machen sollte. Darum ist es zu begrüßen, dass die Verwaltung Derartiges für Mannheim aktuell ausschließt. Ein Rechtsstaat darf sich, auch bei noch so hehren Zielen, nicht erpressen lassen.

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Die Politik muss aber nachbessern. Das Urteil des Verfassungsgerichts, das Klimaschutzgesetz greife zu kurz, war deutlich. Mit der Klimapolitik liegt genauso vieles im Argen wie mit dem Demokratieverständnis der „Letzten Generation“. Politik und Aktivismus müssen aufeinander zugehen, vielleicht ein gemeinsames Gesprächsformat entwickeln und auf gegenseitige Kompetenzen zurückgreifen. Das ist schwierig, weil auf beiden Seiten die Geduld fehlt. Die muss es aber geben - für das Klima und unser Zusammenleben.

Redaktion Reporter in der Lokalredaktion Mannheim & Moderator des Stotterer-Ppppodcasts