Kommentar Das große Scheitern der Rhein-Neckar Löwen

Marc Stevermüer zur Mega-Krise der Löwen

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Marc Stevermüer
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Nicht selten ist eine Mahnung gleichbedeutend mit einer Untertreibung. Doch als sich Trainer Klaus Gärtner vor wenigen Monaten hinstellte und von einer ganz schweren Saison für die Rhein-Neckar Löwen in der Handball-Bundesliga sprach, hatte das nichts mit Tiefstapelei zu tun. Der Coach schätzte die komplizierte Gesamtkonstellation ehrlich ein – und widersprach damit den Top-drei-Fantasien von Sportkoordinator Oliver Roggisch und Aufsichtsrat Lars Lamadé. Ein halbes Jahr später steht fest: Gärtner hatte nicht nur recht, der bedenkliche Gesamtzustand dieses Vereins ist sogar noch wesentlich schlimmer als befürchtet und die bisherige Saison nicht nur für alle Träumer eine schockierende Begegnung mit der Realität.

Die einst stolzen Löwen, die vor drei Jahren noch Pokalsieger und Vize-Meister wurden, sind im unteren Tabellenmittelfeld verschwunden, weil Leistungsträger wie Gedeón Guardiola weggeschickt wurden oder sich falsche Transfers aneinanderreihten. Das Desaster, das große Scheitern ist also selbst verschuldet, was den Absturz nur noch schlimmer macht.

„Dass wir mit einigen Personalentscheidungen falsch gelegen haben, ist nicht von der Hand zu weisen“, räumte Geschäftsführerin Jennifer Kettemann vor wenigen Monaten immerhin ein. Mittlerweile muss man sagen: Dieses Geständnis ging nicht weit genug. Es war eine Untertreibung. Denn nicht „einige“, sondern die meisten Entscheidungen sind seit Jahren falsch. Stand jetzt ging auch der Plan schief, mit Gärtner als Übergangscoach diese schwierige Saison zu bewältigen und zwölf Monate auf Sebastian Hinze zu warten.

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Der Wunschtrainer kommt im Sommer 2022. Er soll dann etwas aufbauen, was vor drei Jahren noch stand – aber eben sukzessiv selbst eingerissen wurde. Die Rundumerneuerung der am Boden liegenden Löwen ist für ihn nun eine große Möglichkeit – und er selbst für die Vereinsführung nach einer Aneinanderreihung an Tiefpunkten eigentlich die letzte Chance auf einen Verbleib. Denn scheitert Hinze, scheitern endgültig auch alle, die mit dieser Personalie die Wende zum Guten verkündet haben.

Verantwortung übernehmen

Die Frage lautet nur: Wann können die Löwen wieder an eine Topplatzierung denken? Angesichts der sich abzeichnenden schlechtesten Saison seit dem Aufstieg 2005 ist es Zeit für eine echte Zäsur. Für schonungslose Selbstkritik. Für Ehrlichkeit. Die Löwen täten gut daran, sich vorerst von größeren Zielen zu verabschieden und stattdessen deutlich zu machen, wofür sie stehen und bis wann sie wohin wollen. Momentan möchte der Verein irgendwie kurzfristig in den Europapokal, gleichzeitig aber auch junge Spieler fördern und langfristig etwas formen. Das hat etwas von der Quadratur des Kreises, die nicht gelingen kann.

Wer übernimmt also in der schlimmsten sportlichen Krise des Vereins endlich die Verantwortung für diesen historischen Niedergang und stimmt alle auf harte Jahre ein? Es weiß doch ohnehin jeder, dass fast alles falsch gemacht wurde und es eine kleine Ewigkeit dauern wird, den gewaltigen Schaden zu beheben. Gewiss: Das Eingeständnis der eigenen Versäumnisse und Fehler wäre eine schmerzhafte Botschaft. Doch genau diese würde dem Verein die dringend benötigte Zeit und Ruhe verschaffen.

Redaktion Handball-Reporter, Rhein-Neckar Löwen und Nationalmannschaft

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