Mannheim. Die Bilder aus Gaza lassen niemanden kalt: Der Krieg hat viele Opfer, trifft aber insbesondere die Kinder. Zu viele – wenn sie noch leben – sind verletzt, hungern, sind traumatisiert oder Waisen. Wer das sieht, will helfen. Ohne Wenn und Aber. Sofort. Verständlich. Das Herz kennt keine Grenzen.
Kommunen kennen diese allerdings nur zu gut. Wohnraum ist knapp, Unterkünfte sind voll, Kassen leer. Mannheim, Heidelberg, Ludwigshafen – sie kämpfen längst auch mit Folgen von Flucht, Unterbringung und steigenden Sozialausgaben. Letztere hängen nicht nur, aber auch mit Integration zusammen. Die Aufnahme weiterer Kinder (und damit auch deren engste Verwandte) wäre ein weiterer immenser Kraftakt für ohnehin ausgelastete Strukturen.
Angesichts der humanitären Katastrophe ist die Debatte notwendig. Verständnis für Vorsicht darf gleichzeitig nicht als Mangel an Mitgefühl oder als Fremdenfeindlichkeit gelten.
Zwischen diesen Polen bewegt sich die Debatte: Auf der einen Seite Engagierte, die angesichts tödlicher Not kein Zögern dulden. Auf der anderen Seite Verwaltungen, die wissen, dass gute Absichten allein kein Dach, keine Therapie und keine verlässliche Betreuung schaffen. Das Dilemma: Beide Seiten haben recht – das moralische Drängen und das nüchterne Abwägen.
Angesichts der humanitären Katastrophe ist die Debatte notwendig. Verständnis für Vorsicht darf gleichzeitig nicht als Mangel an Mitgefühl oder als Fremdenfeindlichkeit gelten. Gerade weil die Rahmenbedingungen so schwierig sind, muss die Debatte differenziert geführt werden.
Falls Bund und Länder den Weg der Aufnahme gehen, dürfen sie Kommunen nicht wieder allein lassen: Sie müssen Geld bereitstellen, Verfahren beschleunigen, Personal unterstützen. Die Erfahrung macht aber wenig Hoffnung – zu oft mussten Städte zuletzt improvisieren. Das darf sich nicht wiederholen.
Und wenn es keine Aufnahme gibt? Dann braucht es andere Hilfen: mehr politischen Druck auf die Kriegsparteien, um medizinische und humanitäre Unterstützung vor Ort zu ermöglichen.
Hilfe kennt viele Formen. Stillstand ist keine davon.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/meinung/kommentare_artikel,-kommentar-aufnahme-von-kindern-aus-nahost-das-herz-kennt-keine-grenzen-verwaltungen-schon-_arid,2322425.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-aufnahme-von-kindern-aus-nahost-was-mannheim-ludwigshafen-und-heidelberg-dazu-sagen-_arid,2322420.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Aufnahme von Kindern aus Nahost: Das Herz kennt keine Grenzen, Verwaltungen schon
Sollen deutsche Städte Kinder aus dem Kriegsgebiet aufnehmen? Das Herz sagt ja – der Blick auf ausgelastete Strukturen aber bremst, kommentiert Sebastian Koch.