Rhein-Neckar. Martin Horn will ein „Zeichen der Hoffnung“ in diesen „zutiefst dunklen Zeiten“ senden. So begründete der parteilose Freiburger Oberbürgermeister kürzlich dem SWR, warum er sich dem Vorstoß seiner Kollegen aus Hannover, Düsseldorf, Leipzig, Kiel und Bonn angeschlossen hat. Die Städte haben Bereitschaft signalisiert, hilfsbedürftige Kinder aus Gaza und Israel aufzunehmen, und gefordert, „die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für die humanitäre Initiative zu schaffen“.
Der Vorschlag wird kontrovers diskutiert: Kanzleramt und Auswärtiges Amt erklären, Hilfe vor Ort priorisieren zu wollen. Auch das Bundesinnenministerium, das zum Beispiel über Aufnahmeprogramme entsprechende Voraussetzungen schaffen müsste, reagierte verhalten auf den Vorstoß. Gemeinnützige Verbände wie der Asylarbeitskreis Heidelberg hingegen begrüßen die Bereitschaft einzelner Kommunen.
Sprecher der Stadt Heidelberg: Unterstützung „positives Signal“ – aber Rahmenbedingungen fehlen
Man wisse um die Haushaltsprobleme der Stadt, schreibt der Asylarbeitskreis in einem offenen Brief an Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner. „Aber angesichts der existenziellen Not der Kinder, die in diesem Augenblick in Gaza sterben, sind diese Probleme unerheblich.“ Der Verein bittet das parteilose Stadtoberhaupt deshalb, in Heidelberg „eine möglichst große Zahl akut bedrohter Kinder aus Gaza und – sofern Bedarf besteht – auch aus Israel aufzunehmen“. Gleichzeitig bietet der Asylarbeitskreis Hilfe bei der Koordinierung von Gastfamilien oder dem Eintreiben von Spenden an.
Ein Sprecher drückt auf Anfrage dieser Redaktion dem Asylarbeitskreis dafür den Dank der Stadtverwaltung aus. Dass aus der Gesellschaft die Bereitschaft da sei, Hilfe nicht nur zu fordern, sondern auch selbst anzubieten, sei wichtig. Überhaupt sieht die Verwaltung in der angebotenen Unterstützung einzelner Städte für Kinder aus Israel und Gaza ein „grundsätzlich positives Signal“. Allerdings liegen weder rechtliche noch organisatorische Voraussetzungen für Kommunen zur Aufnahme geflüchteter Menschen aus dem Kriegsgebiet vor. Auch seien noch keine Hilfsanfragen eingegangen. „Vor diesem Hintergrund hat die Stadt Heidelberg eine mögliche Aufnahme bislang nicht geprüft.“
Am Donnerstag fordern auch Heidelbergs Grüne von der Verwaltung, in Zusammenarbeit mit Fachkräften und Stadtgesellschaft ein kommunales Aufnahmeprogramm zu entwerfen. Franziska Brantner – sie ist auch Bundesvorsitzende der Grünen – will, dass der Bund entsprechende Voraussetzungen schafft. Kommunale Aufnahmeprogramme seien ein starkes Zeichen gelebter Solidarität und verdienten „politische Rückendeckung, damit humanitäres Handeln nicht an bürokratischen Hürden scheitert“, erklärte sie.
Sprecher von Mannheims Oberbürgermeister Specht: Hilfeersuchen „ergebnisoffen“ prüfen
Auch der Sprecher von Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) verweist auf fehlende Rahmenbedingungen. Sollte der Bund aber eine entsprechende Anfrage an die Stadt richten „und konkrete Unterstützung bei der Klärung organisatorischer, rechtlicher und finanzieller Fragen anbieten“, will die Verwaltung eine Aufnahme hilfsbedürftiger Kinder „ergebnisoffen prüfen“. Bislang aber sind weder vom Bund noch aus Mannheims israelischer Partnerstadt Haifa konkrete Ersuchen gestellt worden. In den Gazastreifen hat die Stadt „keine konkreten Kontakte“.
Die Debatte trifft die großen Städte der Metropolregion zu einem denkbar schwierigen Zeitpunkt. Neben den angespannten Haushaltslagen fehlt es teilweise an Kapazitäten, weitere Menschen aufzunehmen. Gleichzeitig schockieren aber die Bilder aus dem zerstörten Gaza täglich aufs Neue.
Angesichts der „humanitären Katastrophe im Gazastreifen“ ist es für Jutta Steinruck deshalb „absolut nachvollziehbar, dass Städte wie Hannover oder Düsseldorf Hilfe anbieten und Kinder aus dem Krisengebiet aufnehmen möchten – sofern ihnen die Bundesregierung dabei hilft“. Ludwigshafens parteilose und scheidende Oberbürgermeisterin bezeichnet die Bereitschaft zur Aufnahme gegenüber dieser Redaktion als einen „Akt der Humanität und des Mitgefühls für unschuldige Menschen“.
Als Oberbürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen muss ich für meine Kommune leider sagen, dass uns die Hände gebunden sind, was weitere freiwillige Ausgaben betrifft.
Ihre Kommune aber stößt dabei an Grenzen. „Selbst wenn ein Ausfliegen besonders hilfebedürftiger Kinder zustande käme“, hätte Ludwigshafen derzeit keine Kapazitäten in der Jugendhilfe, „um uns zu beteiligen“. Freie Plätze in Wohngruppen sind außerdem rar. Zudem sind die gravierenden Haushaltsprobleme der Stadt hinlänglich bekannt. „Die Auflagen, die uns die Aufsichtsbehörde in Bezug auf die Haushaltsführung gegeben hat, sind eindeutig“, sagt Steinruck. „Als Oberbürgermeisterin der Stadt Ludwigshafen muss ich für meine Kommune leider sagen, dass uns die Hände gebunden sind, was weitere freiwillige Ausgaben betrifft.“
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