Armin Laschet hat jetzt ein Zukunftsteam, aber hat er auch eine Zukunft? Drei Wochen vor der Bundestagswahl zieht die SPD – angetrieben von ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz – im aktuellen Politbarometer an der Union vorbei. Zuletzt war das vor 19 Jahren so. Natürlich ist auch die Umfrage der Mannheimer Forschungsgruppe nur eine Momentaufnahme, aber wie will Laschet die Trendwende schaffen? Selbst das Hochwasser in Nordrhein-Westfalen hat ihm – im Gegensatz zu Gerhard Schröder 2002 – nicht geholfen, sondern eher geschadet. Und warum braucht Armin Laschet jetzt ein Team an seiner Seite? Weil er als Kanzlerkandidat zu schwach ist?
Scholz hat das jedenfalls nicht nötig. Der Hanseat ist der populärste Politiker – wir klammern Spitzenreiterin Angela Merkel mal aus, die außer Konkurrenz die Rangliste im Politbarometer anführt und aufhört. Eine überwältigende Mehrheit der Wähler hält Scholz für kanzlertauglich, und die meisten wollen ihn als Merkels Nachfolger im Kanzleramt haben.
Es birgt allerdings eine gewisse Ironie, dass Scholz in den Augen der Bürgerinnen und Bürger als einigermaßen gelungener männlicher Klon – Nobody’s perfect! – der Kanzlerin durchgeht, und die Union sich darüber aber schwarz ärgert. Klingt jedenfalls seltsam, dass CSU-Chef Markus Söder dem SPD-Kanzlerkandidaten „Erbschleicherei“ nachsagt, weil dieser Raute kann. Immerhin warfen Laschets Gegner dem Rheinländer früher immer vor, er stehe politisch Merkel zu nahe – neben Söder höchstselbst auch der neue Teamplayer Friedrich Merz. Viele haben inzwischen verdrängt, wie groß der Ärger bei ihnen war, weil Merkel die Union angeblich schamlos auf Kosten des konservativen Markenkerns sozialdemokratisiert hat, um im Kanzleramt bleiben zu können.
Dass Laschet dort einziehen kann, ist nach den aktuellen Umfragen fraglich. Eine relative Mehrheit von 42 Prozent glaubt inzwischen sogar daran, dass die SPD die Bundestagswahl gewinnt. Nach 16 Jahren droht der Union nicht nur der Verlust der Macht. Unabhängig davon könnten CDU und CSU ihr schlechtestes Wahlergebnis seit Gründung der Bundesrepublik abliefern.
Sollte es tatsächlich zum Machtwechsel kommen, ließe sich das rückblickend dann so zusammenfassen: 1998 verlor die Union die Bundestagswahl, weil Helmut Kohl als Einziger daran glaubte, dass er noch einmal gewinnen könnte. Und 2021, weil Angela Merkel nicht mehr weitermachen wollte und die Union den falschen Mann als Kanzlerkandidaten heraussuchte.
Denn das ist die bittere Erkenntnis für die CDU/CSU: Armin Laschet ist Armin Laschet, und Olaf Scholz ist Olaf Scholz. Der eine kommt deshalb beim Wähler nicht an, der andere schon. Im Gegensatz zur SPD hatte die Union aber die Auswahl. Sie hätte den Besten nehmen können, entschied sich aber gegen Söder. Der bayerische Ministerpräsident hätte das Duell gegen Scholz möglicherweise für sich entscheiden können.
Es mag pathetisch, sogar naiv klingen: Politiker sollten nicht immer nur davon reden, dass sie sich in den Dienst des Landes oder ihrer Partei stellen wollen. Laschet und die CDU-Granden haben aus egoistischen Gründen Söder verhindert und sich damit selbst geschwächt. Sollten Scholz und seine SPD die Wahl nach ihrem riesigen Rückstand gewinnen – Mitte Juli waren es 15 Prozentpunkte – , wäre das die gefühlt größte Aufholjagd aller Zeiten. Und eine Sensation sondergleichen.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/meinung/kommentare_artikel,-kommentar-armin-laschet-der-falsche-kanzlerkandidat-_arid,1845781.html
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Armin Laschet, der falsche Kanzlerkandidat
Walter Serif über das aktuelle Politbarometer drei Wochen vor der Wahl: Die Union hätte Markus Söder statt Armin Laschet ins Rennen schicken müssen