Radio Ga Ga

Von 
Harald Sawatzki
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Wir wissen nicht, was Elon Musk vor Jahren bewog, seinen Autos den Namen Tesla zu verpassen. Wir wissen aber aus selbstverständlich sicherer Internet-Quelle, dass einem kroatischen Erfinder namens Nikola Tesla in beinahe grauer Industrie-Vorzeit 1883 die erste drahtlose Übertragung von Radiowellen gelang. Wir wissen inzwischen außerdem, dass sich der Italiener Guglielmo Marconi zur Kaiserzeit im Jahr 1904 Teslas Erfindung zunutze machte und so etwas wie einen Radioapparat zusammenbastelte, mit dem sich durch den Äther schwirrende Radiowellen einfangen ließen. Noch ein paar Jahre später, vor ziemlich genau 100 Jahren im Oktober 1923 ging die Sendestelle Berlin auf – genau – Sendung.

„Rundfunkvater“ Hans Bredow, der sich heute vielleicht Intendant oder mindestens Hörfunkdirektor nennen würde, unternahm mit seinen Leuten den Versuch, die nach einer kräftigen Inflation mental schwächelnden Deutschen mit ätherischer Unterhaltungsmusik aufzumuntern. Zunächst kostenlos, was sich dann änderte. Und was bis heute so geblieben ist. In schöner Regelmäßigkeit steigen die Gebühren und das trotz nur noch schlechter Nachrichten. Von wegen Unterhaltungsmusik. Wer morgens das Radio einschaltet, bekommt für viel Geld Hiobsbotschaften ohne Ende zu hören.

Die Ausbeute an einem x-beliebigen Tag im Jahr 2023 hört sich etwa so an: Trotz eines Großaufgebotes an Experten aus aller Welt verläuft eine Konferenz zur Rettung des brasilianischen Regenwaldes – wo schon – im Sande. Im Sudan fliehen Millionen vor wild gewordenen Extremisten, in Belarus, einst besser bekannt als Weißrussland, darben viele Unschuldige in Gefängnissen, Slowenien versinkt in ungeheuerlichen Wassermassen, Russland will die Ukraine in die Steinzeit zurückbomben und der deutschen Industrie droht der Kollaps. Das alles müssen wir nach dem angeblich „heißesten Juli“ erst mal verdauen. Man möchte den Radiokasten am liebsten nicht mehr einschalten. Was wir dort hören, weckt in uns aber wehmütige Erinnerungen an Freddy Mercury, der zwar schon lange tot ist, doch dessen Stimme damals so schön und kräftig – und passend zum Jetzt – von etwas ganz Besonderem sang: von Radio Ga Ga. 

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