Kolumne #mahlzeit

Warum wir vielleicht alle eine Psychotherapie machen sollten

Wer Beamtin werden will, sollte vorher keine Psychotherapie machen, denn: Verbeamtet werden Therapierte nur sehr selten. Der Umkehrschluss? Beamte sind, egal mit welchem psychischen Problem, nicht therapiert. Wo führt das hin?

Von 
Stefan M. Dettlinger
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© kako

Unter allen Vorurteilen gegen Beamte dürfte wohl – lange vor fehlender Leistungsorientierung, eingeschränktem Kundenverständnis und latenter Überbezahlung – die Faulheit an Platz eins stehen. Beamte seien einfach faul. Alle. Punkt. Ich habe nichts gegen Beamte. Die sind auch nur Menschen. Aber Caro wird bei dem Wort „Beamte“ fuchsteufelswild, was sich alle, die Caro kennen, bestens ausmalen können. Caro wollte nämlich, was sich alle, die Caro kennen, kaum ausmalen können, selbst Beamtin werden.

Die Frau wollte tatsächlich in den höheren Dienst. „Aber die haben mich damals nicht zugelassen, weil ich …“, Caro räuspert sich, „… weil ich, als ich Jugendliche war, mal eine Psychotherapie gemacht habe.“ Wenn es nach mir ginge, sollte Caro mal wieder zum Seelenklempner gehen, um ihr Temperament endlich in den Griff zu kriegen (was ich nicht ausspreche, weil sie mir dann an die Gurgel springen oder mir ihren Anwalt auf die Pelle hetzen würde).

Stattdessen sage ich: „Die wollen halt lieber verrückte Untherapierte als therapierte Unverrückte.“ (ein Scherzversuch). Und da passiert das Wunder: Caro gibt mir recht. Ich habe kein Elefantengedächtnis, aber so weit ich weiß, kam das noch nie vor. Und dann zieht sie über all die Beamten und -innen her, die sie kennt, vom einfachen über den mittleren und gehobenen bis zum höheren, von Verwaltungsbürokratin bis Uniprofessor, der, so Caro, alles tue, um möglichst alles ans lehrende und lausig honorierte Fußvolk abzudrücken, um sich ständig an ausländischen Unis herumzutreiben, wo er seine 30 Jahre jüngere Bettgefährtin kennenlernt: „Die sind faul, wenig kreativ und veränderungsresistent oder ruhmsüchtig und amtsmissbrauchend!“

Wenn ich an die ganzen Lehrer und -innen meiner glorreichen Schulzeit denke, muss ich sagen: Einigen hätte eine Psychotherapie sehr gut getan. Überhaupt sollten die, bevor sie studieren, eine Eignungsprüfung machen. Wie die Mediziner. Alle, die irgendwann auf Menschen losgelassen werden, sollten vor der Uni oder Ausbildung ihre Eignung – zum Beispiel zu Empathie – beweisen, denn: Vielleicht ist ja eine therapierte Religionslehrerin doch brauchbarer als ein durchgeknallter Religionslehrer, der die Therapie immer scheute?

„Ich weiß“, so Caro jetzt, „das Bundesverwaltungsgericht hat da mal (2013, d. Red) so ein Urteil gefällt (Az: 2 C 16/12, d. Red.), das eine Verbeamtung trotz Psychotherapie möglich macht. Theoretisch. Die Beweislast liegt da ganz beim Amtsarzt und Dienstherrn. Faktisch bleibt das also schwer. Wenn die eine Dienstunfähigkeit bescheinigen, dann ist das so.“

Ich finde ja, dass sehr viele Menschen dienstunfähig und vielleicht viel dienstunfähiger sind als die armen Schlucker, die Beamten werden wollten, sich aber therapieren ließen. Also faktisch. Das fängt an bei den ESC-Typen Lord of the Lost und geht über all die Kriminalitätsvertuscher in den Diözesen bis hin zu Olaf Scholz, dessen Kernkompetenz das Verstecken seiner Kompetenz zu sein scheint. Und was ist eigentlich mit mir? Vor Kurzem hat mich ein Leser gefragt, ob ich normal sei …

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