Kolumne #mahlzeit

Mein Gottesbeweis

Von 
Stefan M. Dettlinger
Lesedauer: 
© kako

Sorry, aber wir müssen noch mal über Gott sprechen, über dieses Wesen namens YHWH. Yahweh. In Mails an mich äußern sich manche besorgt, er, Gott, und ich, Detti, könnten in einer Beziehungskrise stecken. Das stimmt so nicht. Ein Leser warf mir vor, mit der Beschreibung eines Gottes, der sich „vor der Arbeit drückt“, der „pennt, wenn er eingreifen sollte“, der „sich Ausreden sucht“, sei mir ein Fauxpas passiert. Es ging um die FDP (Freie Deutsche Pkwler). Mann, Leute: Manchmal mache ich einfach Spaß, okay?

Also falls sich davon jemand verletzt gefühlt haben sollte, so tut mir das echt leid. Mea Culpa. Ich bitte um Verzeihung. Aber in meinem persönlichen Kampf zwischen Glauben und Zweifeln (den wir doch, seid ehrlich, alle immer wieder von Neuem auszufechten haben) gelingt mir das Zweifeln oft und das Glauben immer dann am besten, wenn ich mir Gott nicht als einen mit Planeten Murmel spielenden Giganten vorstelle, sondern als guten Kumpel, als nette, positive und allmächtige Energie neben mir, die es einfach voll drauf hat. Der Typ steht mir nahe. Wir duzen uns. Und dieses göttliche Etwas ist nun mal weit weg von all den Bildern meiner Kindheit, als uns die zugeknöpfte Religionslehrerin das Gemälde „Der Koloss“ von Francisco de Goya gezeigt hat und meinte: So könnt ihr ihn euch vorstellen. Ich weiß ja nicht, wer das Bild vor Augen hat. Es zeigt einen nackten Riesen mit Rauschebart, vor dem alle flüchten. Die Religionslehrerin errötete.

Ich habe mir Gott nie nackt vorgestellt. Wenn ich es täte, dann müsste ich mir – ganz Shero und Feminist – im Sinne der Fernsehpastorin Ilka Sobottke Gott auch gleich noch als (nackte) Göttin vorstellen (Sobottke spricht von Gott gern auch von „ihr“). Da würde ich schnell zum Sexisten mutieren. Nein, ich halte mich da eher an Mose, die Juden und Muslime: Du sollst dir kein Bildnis noch irgendein Gleichnis machen!

Ein sehr kluger Mann hat Gott vor 140 Jahren ja von den Menschen töten lassen. So berichtet es der „tolle Mensch“ als Erzähler in Friedrich Nietzsches „Die fröhliche Wissenschaft“. Aber Gott kann nicht tot sein. Es kann doch nicht sein, dass so viele sich irren und täglich an einen Toten wenden mit ihren Gebeten. Ich habe – weil alle sagen, KI sei viel schneller und wissender als die Datenbank in Dettis Hirn – ChatGPT gefragt, wie viele Menschen an Gott glauben: 5,8 Milliarden. Mehr als die Hälfte!

Allein auf den abrahamitischen Monotheismus könnten gut 4,1 Milliarden entfallen (Christen: 2,3. Muslime: 1,8. Juden: 0,014). Klar: Nicht jeder von denen glaubt wirklich. Andererseits gibt es auch eine Dunkelziffer Glaubender. Immer mehr Menschen wenden sich zwar Gott zu, aber von der Kirche ab (die aber verbissen an Gemeindegedanken und Matthäus festhält: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“).

Gottes Existenz, so heißt es immer, ließe sich nicht beweisen. Sonst würde ja aus dem Glauben Wissen. Ein Wissen, das ich habe. Ich habe den Beweis, dass es Gott gibt: Es sind die vielen netten, interessanten und offenen Zuschriften, die ich immer erhalte. Die können doch kein Zufall sein …

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Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.

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