Mannheim. Fast möchte man an diesem späten Samstagabend sagen: Endlich. Endlich hat ein Showformat in der Mannheimer SAP Arena wieder jene ungezügelte Euphorie entfacht, wie sie zuletzt vor der Corona-Pandemie fühlbar war. Die Schlagernacht des Jahres wird so gesehen nicht nur zu einer einzigen Party auf die deutsche Folklore: An diesem Abend verhandeln tausende Fans ihr Verhältnis zur eigenen Ausgelassenheit komplett neu - und das auf die schönste denkbare Weise: tanzend, singend, schlicht freudetaumelnd.
Für diese Stimmung gibt es in den gut sechs Stunden auch einigen Anlass. Denn tatsächlich bietet der Abend gleich mehrere Augenblicke, die positiv aus der Reihe fallen und zeigen, dass selbst durchgetaktete Großkonzerte wie dieses vor unerwarteten Überraschungen nicht gefeit sind. Sänger Oli P. dient mit seinen „Flugzeugen im Bauch“ da als wunderbarer Eisbrecher, den „Superstar“ Ramon Roselly direkt nutzt, um viel selbstsicherer übers Parkett zu schweben als zuletzt noch bei Silbereisens Schlagerfest.
Kleine, aber sympathische Pannen
Selbst Party-Garanten wie Mickie Krause sind in diesen Stunden nicht nur auf Ballermann-Stimmung abonniert. Als er nach tosendem Applaus in der SAP Arena auf die schwere Zeit seiner Krebserkrankung anspielt, muss sich selbst der Bühnenroutinier eine Träne aus dem Auge wischen. Es sind Augenblicke, an denen die Gänsehaut garantiert ist. Momente wie jener von Marina Marx und Karsten Walter, die in ihrem gemeinsamen Song „Fahr zur Hölle“ nicht nur der Schlager, sondern auch die Liebe zueinander verbindet.
Auch die kleinen, aber sympathischen Pannen bleiben nicht ausgespart. Dass etwa ein Vollprofi wie Nino de Angelo, der ansonsten in astreiner Unheilig-Manier auftritt, bei seinem eigenen Klassiker „Jenseits von Eden“ kurzerhand den Text vergisst, fällt da ebenso augenzwinkernd ins Gewicht wie ein Howard Carpendale, der zuerst verzweifelt über die defekten Kopfhörer in seinem Ohr aus dem Takt gerät - den Mangel nach einer kurzen Unterbrechung aber ganz charmant wegsingt und schlussendlich auch zu begeistern versteht.
Anna-Maria Zimmermann präsentiert sich als Kämpferin
Zu einem absoluten Glanzpunkt gerät dann der Auftritt von Anna-Maria Zimmermann. Das liegt einerseits daran, wie unverbesserlich sympathisch die 33-Jährige ihren Schlagerpop zu den Menschen bringt. Zum anderen liegt seit ihrem Helikopter-Unfall ein Schleier des Besonderen über der entschlossenen jungen Frau, die sich als Kämpferin präsentiert - und genau dafür so grenzenlos gefeiert wird, dass Giovanni Zarrella erst Zimmermanns Zugabe abwarten muss.
Ein bestens aufgelegter Eloy de Jong und das unverkennbare Reibeisen von Ben Zucker komplettieren Richtung Nacht das Bild eines Abends, der vieles war, aber vor allem so groß und schön, wie man das in dieser Arena bald wieder und so noch viel öfter erleben möchte.
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